Drahtseilakt der Hebammen: Widersprüche rund um die Geburt

Es war im Geburtsvorbereitungskurs. Ach wie schön und einfach war da die Welt noch. Wie haben wir uns das nicht alles perfekt ausgemalt. Die weltbewegenden Fragen waren, wie man denn erkennt, dass es sich um echte Wehen handelt. Und wie lange eine Wehe nun genau dauert.  Kaiserschnitt: Böse, geht gar nicht. Eine aufrechte Geburt sollte es sein. Bloß nicht hinlegen! PDA: pfui! Idealerweise eine Geburt im Wasser. Der Mann soll Händchen halten. Danach dann intensives Kuscheln mit dem hübschen Neugeborenen und bloß kein Schnuller!

Die Realität hat uns alle eingeholt

Was uns als normal verkauft wurde, ist – leider – nicht das, wie ich und viele meiner Freundinnen es erlebt haben. Das mag an zweierlei liegen. Zum Einen ist die Geburt und generell Kinder zu haben, bei Jedem ganz unterschiedlich. Zum Anderen unterhalten sich Geburtsvorbereitungs- und Geburtshebammen offenbar höchst selten. Beispiel aufrecht gebären: Eine nicht repräsentative Umfrage im Freundeskreis ergibt: Eine einzige Frau hatte eine Wassergeburt, eine war zumindest teilweise aufrecht. Die anderen Frauen, die ich kenne wurden von der Hebamme im Kreissaal auf den Rücken gelegt. („sonst kann ich Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollen“). Überraschenderweise sind auch diese Kinder auf die Welt gekommen. Genauso überraschend mag sein, dass auch aus den Kaiserschnittbabys im Freundeskreis durchweg gesunde Kinder geworden sind. Das schlechte Gewissen, das viele Kaiserschnittmütter – wie zum Beispiel mich – überflüssigerweise mit sich herumtragen, bleibt. Nach der Ernüchterung bei der Geburt, ist es schon fast nicht mehr überraschend, wenn die Nachsorge-Hebamme den Schnuller empfiehlt, der vorher noch verteufelt wurde. Dazu sind wir Frauen außerdem meist ziemlich überrascht davon, wie eklig all das ist, was mit und nach dem Kind aus uns rausläuft.

Hebammen und ihr Spagat

Hebammen wollen das beste für Mutter und Kind und machen meiner Erfahrung nach dabei einen tollen Job. Meine Erklärung für die Widersprüche, die uns Müttern begegnen: Eine Geburt kann man nicht erklären, das kann man nur machen. Versuchen sich fallen zu lassen. Dabei sollte man nicht alle Möglichkeiten im Kopf haben, sondern nur die eine angestrebte Variante. Wenn das das Ziel der Hebammen ist, ist es ein gutes. Verwirren tut es einen trotzdem, wenn es dann doch ganz anders kommt.

frisches Baby HebammenAm Ende wird es gut

Was die Traumgeburt angeht: Wehen, Fruchtblase platzt, Krankenhaus, pressen, Kind ist da, alle glücklich – habe ich ziemlich selten gehört. Was aus meinen eigenen Vorsätzen vor der Geburt wurde, lest Ihr hier. Bei meiner Freundin T. war es jüngst auch soweit. Traumgeburt – zwar im Liegen, aber sonst schon – zumindest fast. Das Ganze ging so schnell, dass ihr Mann nicht rechtzeitig von der Arbeit kommen konnte. Geburt leider verpasst. Die Mutter hat das wunderbar alleine gemeistert. Ähnlich perfekt war es bei J. – da war sogar der Vater dabei. Wunderbar. Geburt geschafft. Alles klar. Dann noch eine Runde kuscheln. „Nein“, sagt sie noch im Kreissaal. „Mir ist jetzt nicht nach kuscheln. Ich hab Hunger.“ Überraschte Blicke. Aber wenigstens ehrlich. Und in der Summe trotzdem eine der besten Mütter, die ich kenne.

Warum es bei uns ziemlich lange gedauert hat bis ich schwanger wurde und wie ich diese Zitterpartie erlebt habe, das kannst Du hier nachlesen.

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