Das geschenkte Christkind oder der Seiltanz um die wahre Geschichte

An sich dachte ich, den Kindern ein paar Lügen aufzutischen, so über den Nikolaus und das Christkind wäre gar nicht so schwer. Das zumindest dachte ich bevor ich Kinder hatte. Nun aber erweist es sich als eine der größten Herausforderungen mich nicht in Widersprüche zu verzetteln und mein Kind vollends zu desillusionieren.

Was also haben wir?

Also: Am sechsten Dezember kommt der Nikolaus – irgendwann in der Nacht: Entweder in der davor oder danach – das ist bei jedem Kind ein bisschen anders. Und dann kommt er auch nochmal zu den Paten und Großeltern und in den Kindergarten und zum Kinderturnen und ins Schwimmbad. Und jedes Mal sieht er anders aus. Einmal groß, einmal klein, einmal dick, einmal dünn, einmal trägt er rot, einmal das Bischofsgewand. Manchmal sieht man ihn gar nicht.

Der rot Gekleidete kommt dann in den Wochen bis Weihnachten noch häufiger. Er sitzt im Einkaufszentrum, begegnet uns auf dem Weihnachtsmarkt…. „Mama, welches ist denn nun der echte Nikolaus?“ „Der ist menschenscheu. Der kommt nachts, wenn alle schlafen. Die anderen sind seine Helfer.“ Das Kind zum Rotgewandeten gewandt: „Bist Du der echte Nikolaus?“ „Natürlich!“ kommt es zurück. Vorwurfsvoller Blick von unten in meine Richtung. Ertappt. „Der Mann spielt er wäre der Nikolaus. Er geht eben richtig in seiner Rolle auf. Im Spiel ist er der echte Nikolaus.“ Gerade noch gefangen. Diese Erklärung kann sie akzeptieren.

Doch dann kommen andere Gestalten dazu

Eigentlich sieht der Nikolaus meistens auch eher aus wie ein Weihnachtsmann und nicht wie ein Bischof. Aber der Weihnachtsmann kommt ja eh eigentlich nur zu den Kindern in Amerika habe ich erzählt (ich mach keine Coca Cola Werbung! Nein, da hört bei mir die Weihnachtsstimmung auf) zu uns kommt das Christkind. Zur Cousine in Amerika kommt Santa Claus – also der Weihnachtsmann. Warum? „Santa Claus und Christkind teilen sich die Arbeit. Stell Dir mal vor, das arme Christkind muss auf der ganzen Welt Geschenke verteilen. Das wäre schon ein bisschen viel!“ Und dann bringe ich dem wunderbarsten Mädchen der Welt noch das Gedicht „von drauß´ vom Walde“ bei. Keine Nachfragen. Puh. Aber Tage später. „Mama, kennen sich der Nikolaus und der Knecht Ruprecht?“ Oh nein. Keine Ahnung. Ist das nicht das gleiche? Ahhhh.

Und das Christkind?

Und was hat das Christkind für eine Rolle? Bringt es den Baum? Bei uns war das bisher so. Christkind schmückt und bringt den Baum. Aber was ist mit den Bäumen bei Freunden, die teilweise schon vor Heilig Abend stehen?

Ist Mama vielleicht das Christkind?
Ist Mama vielleicht das Christkind?

Und die Geschenke? Wer bringt die eigentlich? Christkind, Knecht Rupprecht? Auf einem Schlitten oder mit Flügeln oder mit dem Lastauto? Und wer hat die Geschenke gemacht? Kann man sie im Laden kaufen oder sind sie von Heinzelmännchen gebaut? Die meisten Geschenke trudeln eh schon vor Weihnachten ein: In Kindergruppen, Kindergarten, bei Freunden und so weiter werden die Kinder schon vor Heilig Abend beschenkt. Von wem ist das ganze Zeug und warum soll sich das Christkind noch auf den Weg machen, wenn sich die Leute untereinander beschenken? Ist Mama etwas das Christkind? Macht die Schenkerei das Christkind irgendwie überflüssig? Oder doch nicht? Ich breche ein.

Meine Erklärung an das Kind: Das Christkind selbst ist Gottes Geschenk an die Menschen. Es bringt keine Geschenke, es ist das Geschenk. Die Menschen beschenken sich gegenseitig, weil sie sich daran erinnern wollen, was für ein Geschenk das Christkind ist. Die Erklärung wie ein Christkind, das man nicht mal sehen kann ein Geschenk sein soll, beeindruckt das Kind weniger, und ist offenbar auch für Erwachsene so unattraktiv, dass sich diese Geschichte kaum durchsetzt. Glitzert auch recht wenig. Also doch wieder Weihnachtsmann und volle Schlitten mit Rentieren vom Himmel und Christkind und Wunschzettel und Lametta und bloß nicht hinterfragen.

Die Lösung:

Ich glaube fest daran, dass meine vierjährige Tochter längst begriffen hat, dass diese ganzen Geschichten, die sich um die Geschenke ranken rechter Schmarrn sind, aber sie ist zumindest clever genug das zu ignorieren. Die Gründe könnten dreierlei sein:

1. Entweder will sie mich nicht desillusionieren, weil sie glaubt, ich würde glauben…. naja Du weißt schon. Oder aber

2. Sie denkt, dass wir Eltern und Großeltern die Wahrheit natürlich kennen, aber wenn wir wissen, dass sie weiß, dass es kein geschenkebeladenes Christkind gibt, dass es dann für uns auch keinen Grund mehr für den ganzen Geschenkewahnsinn gäbe. Wäre ja keine Illusion zum Aufrecht-erhalten da….. oder aber, und das ist die wahrscheinlichste Variante:

3. Sie liebt es in Geschichten aufzugehen, sie weiß auch, dass es in Wahrheit keine Hexen gibt, aber Bibi Blocksberg ist trotzdem ihr großes Idol….

Ich weiß es nicht. Andererseits war gestern auch eine kleine Schokolade in meinem Schuh, den ich rausgestellt habe. Vielleicht gibt es ihn ja doch, den Nikolaus….. zur Sicherheit schreib ich auch mal einen Wunschzettel und leg ihn ans Fenster. Mit Keksen und Kakao, damit sich das Christkind stärken kann. Man weiß ja nie.

Wie wichtig Geschichten für Kinder sind, das kannst Du hier nachlesen.

Und die schönsten Kinderbücher zum Fantasie-anregen hab ich Dir hier zusammengestellt

Meine Überlegungen sind übrigens Teil einer schönen Aktion: Einem Bloggeradventskalender. Schaut mal bei Jasmin Charleen Döbler auf dem Blog vorbei. Da findet Ihr alle Türchen, die schon waren und die noch kommen. Viele mit netten Verlosungen! Eine fröhliche, fantasiereiche und entspannte Weihnachtszeit!

4 Gedanken zu „Das geschenkte Christkind oder der Seiltanz um die wahre Geschichte“

  1. Oh, Katharina… DA unterschreib ich Dir jedes Wort. Jedes Problem kenne ich, all diese Zwickmühlen und ich wünschte so sehr, dass unsere 5-jährige noch die Geschichte(n) glaubt. Also echt glaubt. Warum? Vielleicht weil ich das selbst als die schönste, aufregendste Zeit meiner wunderschönen Kindheit fest im Kopf verwurzelt habe. Und wie oft frage ich mich wie haben das unsere Eltern geschafft? Heute tut man sich sooo schwer. Habe mich gestern erst aufgeregt, weil „das Christkind“ gestern nen großen Schlitten voll mit neuen Spielsachen vor den Kindergarten gestellt hat. Allgemein für die KiGa. Unnötig das den Kids so zu „verkaufen“, oder?

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    • Ja! Völlig unnötig. Kindern kommt es nicht darauf an, wieviele Geschenke sie bekommen. Der Zauber ist es was zählt. Da bin ich mir ganz sicher. Und der geht so leider verloren. Vor allem weil die Kinder Kiga-Spielsachen ja auch nicht als Geschenke für sich selbst ansehen können….

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  2. Wir Erwachsenen machen es den Kindern nicht leicht. Viele bewegende Fragen aus der Kinderseele lese ich da. Und habe noch einige dazu: Waren das mit den Geschenken nicht die Heiligen Drei Könige? Und die Hirten – glaube ich – hatten im Krippenspiel auch immer was dabei für das Christuskind. Ach ja, und Christuskind ist nicht Christkind – oder?! Und ist es nicht nur zur Weihnachtszeit so, dass auch Erwachsene, wenn sie mit einer ehrliche Antwort nicht überzeugen können, dann doch lieber mit Geschichten verwirren?

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    • Geschichten verwirren glaub ich nicht, sondern zu viel vorgespielt Realität. Und was ist schon ehrlich? Es ist ja doch alles glauben und nicht wissen. Obwohl- das könnte auch die Antwort sein. Aber eine, die desillusioniert? Danke jedenfalls für den wertvollen Hinweis!
      Katharina

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