Omas Senf über Hochzeiten und den Mädchentraum Prinzessin

Ich finde Hochzeiten toll. Die Liebe zu feiern und einen wunderschönen Tag zu genießen. Einen Tag für das Brautpaar, für genau diese beiden Menschen, die sich gefunden haben. Ganz individuell…..Oder gar nicht individuell. Denn wenn ich mir die Massen an Menschen anschaue, die jeden Samstag zum Hochzeitsfotografieren die Schlösser der Region stürmen, dann muss ich mich schon danach fragen, wie viel von diesen Menschen, von diesem Paar eigentlich in diesen Bildern und in diesem Fest steckt. Ich hab da ja so eine Theorie: Die größten Hochzeiten werden zu den schnellsten Scheidungen. Mehrmals im Freundes- und Familienkreis so erlebt.

Ich gönne es jedem, der es sich leisten kann, ein riesiges Fest zu feiern. Das ist toll. Aber dieses Prinzessinnengetue – dem kann ich nichts abgewinnen. Da wird mit hunderten Menschen gefeiert, ein Drama um das richtige Kleid und die perfekte Frisur, eine weiße Kutsche und am besten ein Schloss gemacht. Es gibt Test-Essen und weiße Tauben. Als würde dieser eine Tag irgendetwas ändern. Und dann müssen sie jahrelang die Kosten von ihrem Mindestlohn abstottern. Da passt doch irgendetwas nicht zusammen.

Individuell – was ist das eigentlich?

Es gibt so wunderbare Möglichkeiten Hochzeiten authentisch zu feiern und trotzdem wunderschön. Individualität scheint in Zeiten des Internets ein Fremdwort zu sein. Nein, das nicht. Individuell ist ein Modewort. Aber individuell sein bedeutet nicht, dass man etwas kauft auf dem steht, dass es individuell ist, sondern dass es tatsächlich individuell ist: Ein Fest, ein Kleid, ein irgendwas, das genau zu einem passt. Und eben nicht zu jedem anderen auch. Dass es etwas besonderes ist. Und weiß Du, was das Gegenteil von individuell ist? Prinzessin.

Heulende Bräute

Weißt Du, ich habe neulich „Zwischen Tüll  und Tränen“ gesehen. Das ist eine Fernsehsendung. Ich hoffe Du kennst sie nicht. Obwohl: Eigentlich lohnt es sich mal reinzuschauen: Das ist ja schon so etwas wie eine Sozialstudie. Erwachsene Frauen, die weinen, weil sie aussehen wie eine Prinzessin – Hochzeit und so. Wer gerade heiratet, kann sich ja inspirieren lassen, da hab ich gar nichts dagegen, aber dieses Getue. Da denkst Du: Die sind doch alle nicht ganz sauber im Kopf.

Prinzessin sein wollen – das habe ich mit sieben Jahren abgelegt. Ich meine: Wo sind die starken Frauen, die sich über sich selbst und ihre Fähigkeiten definieren und nicht über eine Verkleidung? Die Frauen, die individuell sein wollen und unverwechselbar. Kommt man sich gar nicht doof vor, wenn man nach dem Tag im Prinzessinnenkleid wieder in Jogginghose auf der Couch lümmelt? Wahrscheinlich nicht, denn so werden es vermutlich alle Prinzessinnenbräute machen. Überhaupt: Was ist das denn, dass Frauen Prinzessinnen sein wollen?

Prinzessin spielen

Kleine Mädchen wollen Prinzessinnen sein. Ganz oft. Das ist mir klar. Sie haben ein Bild davon, was eine Prinzessin macht: Regieren. Hübsch aussehen. Befehlen. Schöne Kleider tragen. All sowas. Ja, ich wollte auch eine Prinzessin sein als Kind. Im Spiel! Und dann als Teenager spätestens merkst Du doch, dass das Leben als Prinzessin irgendwie echt scheiße wäre. Also so in echt. Und dass Du ein eigenes Leben hast und Deinen Weg finden musst.

Ehrlich und echt

Die Hochzeit sollte sein wie das Leben: Ehrlich: Ohne Verkleidung – so wie man ist. Klar, kann man sich rausputzen – der Tag soll schon etwas besonderes sein. Aber wir Frauen müssen auch zeigen: Wir sind etwas Besonderes und Schönes und Wertvolles, wenn wir nicht versuchen, eine Prinzessin zu kopieren. Glaubt es einer Frau mit Erfahrung: Die schönsten Hochzeiten, denen ich in meinem Leben beiwohnen durften, waren außerhalb von Schlossanlagen. Die, die im Garten oder in der Scheune oder sonst an einem Ort gefeiert wurden, wo sich das Brautpaar wohlfühlt. Authentisch – so ein blödes und abgedroschenes Wort. Aber es passt einfach.

Und was heißt das für Eure Töchter?

Wenn ich noch die Brücke schlagen darf zu Euren Töchtern. Ich fände es schön, wenn sie wüssten, dass die Welt nicht nur aus Einhörnern und Prinzessinnen besteht. Und dass sie auch hübsch sind, wenn sie kein Tüllröckchen tragen. Und wertvoll, wenn sie Latzhosen tragen statt Kleidchen. Das wird ihnen manchmal nämlich etwas zu selten gesagt.

So, jetzt wollte ich eigentlich über Einhörner und Prinzessinnen auf Breischälchen schreiben und hab irgendwie nicht die Kurve gekriegt. Naja. Das kommt beim nächsten Mal. Bis dahin! Eure Senfoma

 

3 Gedanken zu „Omas Senf über Hochzeiten und den Mädchentraum Prinzessin“

  1. Ganz klasse, wirklich. Unsere Hochzeit war klein aber fein. Ich war nie wg einem Hochzeitskleid im Brautladen. Ich habe mir ein Kleid bei Ott* bestellt für 69€, mein Strauß war aus Seidenblumen vom Floristen, (es fiel niemanden auf) steht noch heute im Schrank. Friseur hab ich mir gespart, da ich mir einen schönen Haarreif gekauft habe, und sie offen trug. Und ich bin froh dass ich nicht bei der Welle von Prinzessin mitgemacht habe.

    Es war trotz allem noch teuer genug und das bei ca 70 Gästen.

    Es sollte nicht der schönste Tag im Leben sein….
    Denn man möchte ein ganzes Leben lang glücklich sein, und das danach nichts schöneres kommen sollte, wäre doch traurig.

    Liebe Grüße Claudia

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  2. Schön dass es noch Frauen gibt die ähnlich denken wie ich 😉
    Wenn ich mal heirate, will ich auch nichts all zu großes. Warm 100 Leute einladen, mit denen ich sonst auch nichts groß zu tun habe, und dann auch noch durchfüttern 😉
    Dann lieber nur die engsten Freunde und Familie und das ganze wird ach bezahlbar.

    In die Sendung habe ich ein paar mal rein geschaut…Du hast alles gesagt, mehr muss ich daz nicht sagen 😀

    Liebe Grüße,
    Swantje

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