Arbeitende Mütter: Warum auch unser Kinder profitieren

Dass Mütter mit ihren Kindern die ersten Jahre zu Hause bleiben, ist für Viele der Idealzustand und arbeitende Mütter werden als ein Phänomen unserer Zeit dargestellt. Aber evolutionsgeschichtlich? Vermutlich wären wir verhungert und längst weg vom Fenster, wenn unsere Urgroßmütter statt zum Beeren sammeln oder aufs Feld zu gehen nur auf ihre Kinder aufgepasst hätten. Das Leben hat sich in der Geschichte der Menschheit nie so sehr um die Kinder gedreht, wie jetzt. Dass Kinder mitlaufen und dass sie auch mal von anderen betreut werden, ist eigentlich das Natürlichste der Welt. Und damit sind wir im 21. Jahrhundert angekommen.

Heute wird bei Kindern auf Qualität und nicht auf Quantität gesetzt. Zum Glück! Wir bekommen weniger Kinder und in die Wenigen wollen wir möglichst viel investieren. Das ist toll, aber ich finde, Kinder sollten auch lernen, dass sie nicht der Nabel der Welt sind, dass es auch andere wichtige Dinge gibt. Zum Beispiel eine Karriere.

Meine Erfahrung: Ich brauche die Arbeit

Als ich mit meiner großen Tochter ein Jahr zu Hause war ist mir sprichwörtlich die Decke auf den Kopf gefallen. Ja, ich hab gern mit ihr gespielt, ihr stundenlang Bücher vorgelesen und die Welt mit ihr entdeckt. Aber mir hat immer auch etwas gefehlt: Bestätigung, Herausforderung und nicht zuletzt eigenes Geld und Unabhängigkeit. Als meine Tochter ein Jahr alt war bin ich wieder arbeiten gegangen. Schrittweise ist es mehr geworden, bis ich vor der Geburt meines Sohnes drei Jahre später quasi Vollzeit gearbeitet habe. Erst jetzt merke ich, dass das einfach zu viel war. Nicht, dass ich bei meiner Tochter zu viel verpasst hätte, so weit würde ich nicht gehen, aber wir hatten zu wenig Zeit, das Leben gemeinsam zu genießen. Wir hatten „quality time“ zusammen, aber viel zu wenig Alltag. Jetzt ist das anders. Mein Job ist anders.

Beim zweiten Kind ist alles anders

Ich habe diesmal keine richtige Pause gemacht. Mein Sohn war zwei Wochen alt, da hatte ich meinen ersten Termin als freiberufliche Journalistin. Natürlich war mein Sohn im Tragetuch dabei. Warum tust Du Dir das an? haben mich viele gefragt. Aber für mich war das gar keine Belastung. Es war ein Ausgleich. Viel schöner noch als ein Spaziergang im damals gerade fallenden Herbstlaub. Eine Stunde mal nicht über Windelinhalt oder Stillmahlzeiten nachdenken, sich nicht um die Wäsche oder andere undankbare Haushaltsaufgaben kümmern, sondern intellektuell gefordert sein. Die eine Stunde war für´s erste genug, die Arbeit zu Hause bleibt ja liegen. Doch jede Woche habe ich ein bisschen mehr geschafft.

Mein Sohn war bisher zu fast allen Terminen dabei, nur abends wenn er schläft lass ich ihn manchmal bei meinem Mann oder mal ein Stündchen bei meinen Eltern. Till war bei Sitzungen dabei (in der Regel schlafend) bei Schulfesten und Einweihungen. Wenn ich Fotos machen muss, findet sich immer ein netter Babysitter, der meinen Sohn für einige kurze Minuten bespaßt, ansonsten ist er dicht bei mir, auf meinem Arm oder krabbelnd zu meinen Füßen – trotz Arbeit.

Ich habe ihn während einer Ausstellungseröffnung gestillt und ich habe Firmenchefs warten lassen, wenn es nötig war. Für Manche ist das befremdlich. Sie meinen immernoch Kinder gehörten nach Hause. Aber dann könnte ich über Stunden nicht bei meinem Sohn sein und das geht nicht gut. Wenn er aufwacht, braucht er seine Mama. Das war am Anfang so und das ändert sich auch jetzt wo er ein Jahr alt ist, nur langsam. Und ehrlich gesagt: Ich will ihn auch dabei haben. Unsere Nabelschnur wird erst allmählich länger, getrennt ist sie noch lange nicht.

Eine Lanze für arbeitende Mütter brechen

Abgesehen von der emotionalen Ebene will ich auch ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ja, ich brauche oft länger, wenn mein Sohn dabei ist und ja: Es ist oft anstrengend, wenn ich mich zwischen konzentriertem Zuhören am Tisch und Schadensbegrenzung am Boden zerteilen muss. Aber dafür macht es oft auch besonders viel Spaß. Viele Leute freuen sich über meinen kleinen Begleiter. Auch meine Tochter war in den letzten Jahren oft dabei, wenn ich zum Fotografieren oder für Interviews los musste.

Ja, ich könnte mir auch einen anderen Job suchen, einen der meine Familie weniger tangiert, einen, der aus ist, wenn der Kindergarten vorbei ist. Ja, ich denke manchmal drüber nach. Andererseits liebe ich meine Arbeit und ich finde es wichtig meinen Kindern zu zeigen, dass das Geld-Verdienen zum Leben dazu gehört. Nun kommt der Bub aber doch in ein Alter, wo er sich nicht mehr auf jedem Termin wohlfühlt. Also versuchen wir es mal mit der Krippe. In zwei Wochen geht es los. Wenn es ihm da nicht gefällt? Dann vielleicht zur Tagesmutter? Oder er muss eben wieder mit zur Arbeit. Ganz zu Hause bleiben werde ich nicht so einfach.

Mehr über unsere Müttergeneration lest ihr hier.

5 Gedanken zu „Arbeitende Mütter: Warum auch unser Kinder profitieren“

  1. Tolller Beitrag – und ja, du sprichst mir von der Seele. Auch ich habe sehr ähnlich Erfahrungen gemacht. Auch mir drohte während meiner Elternzeit die Decke auf den Kopf zu fallen, denn ich vermisste meine Arbeit so sehr und wollte unbedingt wieder etwas für meinen Kopf tun. Deswegen habe ich mit dem Bloggen angefangen, was für mich damals die allerbeste Entscheidung war. Das Schreiben hat mich wesentlich entspannter gemacht – und ich bin fest davon überzeugt, dass ich aufgrund meines regelmäßigen Bloggens & Arbeitens eine bessere Mami bin … LG Gabriela von Mami bloggt

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