Ich hatte so ein Bild von arbeitenden Müttern. Und ich glaube, die meisten Menschen teilen dieses Bild. Es ist das Bild einer Frau, die den Vormittag über für einige Stunden auf der Arbeit vorbeikommt und um Punkt 12 Uhr den Stift fallen lässt. Alle anderen müssen ihre Arbeit zu Ende machen. Die arbeitende Mutter pickt sich die Rosinen raus, sie muss nichts, sie darf alles. Alle anderen müssen auf sie Rücksicht nehmen. Ja, das dachte ich mal – damals- bevor ich Kinder hatte. Nicht, dass es diese Frauen nicht gäbe. Oh doch, die gibt es. Jede Menge sogar. Aber wie ich nun schmerzlich feststellen muss, ist das gar nicht allein die Schuld der Frauen.
Unsere Arbeitswelt lässt kaum anderes zu
Das ist für mich die traurige Wahrheit. Ich habe in den letzten Wochen so viele Fälle zusammengetragen. Zum Beispiel den einer Alleinerziehenden, der im Vorstellungsgespräch gesagt wurde, dass es 40 Stunden sein müssen und nicht 37. Zwei Fälle, bei denen den Frauen nach der Elternzeit der Stundensatz gekürzt wurde, weil sie ja nicht mehr jederzeit eingesetzt werden können. Und die ungezählten Fälle, bei denen sich Arbeitgeber nicht auf „Teilzeit“ einlassen können – vor allem nicht in höher qualifizierten Berufen; weil es so viel Absprache erfordern würde, wenn man die Stelle teilte. Ich verstehe die Argumente – zumindest manche – aber sie sind viel zu kurz gedacht. Und so landen viele Frauen in Jobs, die unter ihrer Kompetenz (und früheren Bezahlung) liegen, oder aber sie finden sich selbst in einer Vollzeitstelle wieder. Beides ist in Ordnung, wenn eine Frau das selbst wählt, aber die meisten mit denen ich gesprochen habe, sind mit diesen beiden Extremen unzufrieden.
Gleichstellung in der Arbeit
Das mit der Gleichstellung von Mann und Frau ist wichtig, absolut. Aber ich fühle mich als Frau im Arbeitsleben gar nicht benachteiligt. Das habe ich nie. Als Mutter schon – oder als Vater. Wer aufgrund der Kinder oder der familiären Situation Teilzeit arbeiten will, der wird schnell abgestempelt, nicht für voll genommen. Dem wird unterstellt, er sei weniger ambitioniert. Quatsch. Ich schaffe heute in 30 Stunden so viel wie vor zehn Jahren in 40 Stunden. Davon bin ich überzeugt. Weil ich Erfahrung habe, weil ich gelernt habe sinnvoll zu strukturieren, weil ich auch dann noch denke, wenn meine offizielle Arbeitszeit zu Ende ist. Ich erwarte als Elternteil auch als Arbeitnehmer ernst genommen zu werden. Das Abstellgleis gefällt mir nicht.
Was ich bin und kann
Ich bin ein ambitionierter junger Mensch. Naja, jung vielleicht nicht mehr so ganz. Aber immer noch ambitioniert. Wenn ich auf der Arbeit bin, gebe ich alles. Ich will für meine Firma das beste erreichen, ich schau nicht auf die Uhr dabei, ich fühle mich verbunden mit meinem Arbeitgeber, sein Erfolg ist mein Erfolg. Meine Kinder haben damit nichts zu tun. Ganz ehrlich: Ich mag meine Arbeit. Und ich mache sie gut. Ich mache sie anders als vor den Kindern, weil ich mich entwickelt habe. Ich bin schneller geworden und effektiver. Ganz sicher auch belastbarer. Ich habe mehr Weitblick.
Und dann sind da die Arbeitszeiten
Dass ich mich entwickelt habe – dazu gehört auch, dass ich meine eigenen Wünsche heute besser formuliere. Ich will mein Wissen und meine Kompetenz in meiner Arbeit einbringen. Aber nicht mehr jeden Tag bis um acht Uhr abends im Büro sitzen. Das habe ich hinter mir. Ich will die Nachmittage zu Hause verbringen. Das heißt aber nicht, dass andere meine Arbeit fertig machen müssen. Ich bin eigenständig und verantwortungsbewusst genug um zu wissen, wie viele Aufgaben ich erledigen kann. Ich brauche keine Uhr, die mir sagt, wann ich genug gearbeitet habe. Ja, Kinder sind auch mal krank, aber ich bin bereit, das reinzuarbeiten, Arbeit zur Not auch mal mit nach Hause zu nehmen. Ich bin bereit Zugeständnisse zu machen, aber ich sehe nicht ein, warum meine kleinen Einschränkungen, die die Kinder nun mal mit sich bringen, meine Arbeit schlechter machen sollen. Das lasse ich mir auch nicht mehr einreden. Meine Arbeit ist ihr Geld wert. Punkt.
Wenn ich ein Arbeitgeber wäre
Wenn ich ein Arbeitgeber wäre, dann würde ich mein Team so zusammenstellen, dass Menschen mit verschiedenen Kompetenzen zusammenarbeiten, dass sie sich ergänzen und befruchten. Ich würde darauf achten, Menschen zu finden, die für ihre Arbeit brennen, die auch noch weiterdenken, wenn sie zu Hause sind; Die sich mit ihrer Arbeit identifizieren und die mir Mehrwert bringen. Ich würde Menschen suchen, die jung sind und frisch von der Uni und auch Menschen, die 50 Jahre alt sind oder älter und schon jahrzehntelange Erfahrung haben. Und ich würde Mütter einstellen, von denen ich glaube, dass sie Visionen haben. Mütter, die verlässlich sind und effektiv und zupackend. Eine gesunde Mischung. Und jeder dürfte soviel arbeiten, wie er sich zutraut – mit gutem Gewissen.
Vielleicht ist es eines Tages soweit und ich werde selbst Arbeitgeber sein. Wer weiß das schon. Ich weiß nur eins: Rosinenpicken liegt mir nicht. Am wenigsten auf dem Abstellgleis.
Als arbeitende Mutter musst Du Dir einiges anhören. Vor allem wenn Du ambitioniert bist. Wie siehst Du das? Sind Mütter in der Arbeitswelt benachteiligt?
Wenn Dich das Thema interessiert, schau doch mal bei heuteistmusik vorbei. Dort gibt es eine ganze Blogparade zum Thema Vereinbarkeit. Viele haben schon mitgemacht!
Klasse Artikel, bin begeistert und habe dich direkt verlinkt. Wie gut, dass viele Frauen den Mund aufmachen. Liebe Grüße