Vom richtigen Maß bei der Einschlafbegleitung

Kinder müssen spüren, dass ihre Gefühle und Bedürfnisse wichtig sind. Vom ersten Tag an. Ich bin mir sicher, dass ich das nicht mehr betonen muss, da sind sich heute ja alle einig. Zum Glück. Aber vor lauter Orientiertheit auf die Bedürfnisse der Kinder vergessen viele Eltern offenbar ihre eigenen Bedürfnisse. Zumindest nach außen hin. Kann das die Lösung sein? Ich finde nicht. Ich oute mich also heute: Wenn die Kinder dem Babyalter entwachsen sind, will ich sie nicht mehr jede Nacht bei mir im Bett haben und ich will sie auch nicht stundenlang einschlafbegleiten. So. Und ich glaube nicht, dass ich allein damit bin.

Lesetipp: 5 Fehler bei der Einschlafbegleitung

Merkwürdige Auswüchse bei der Einschlafbegleitung

Ich finde es wunderbar, dass Kinder (zumindest nach dem Willen guter Erziehungsratgeber) heute nicht mehr gezwungen werden, alleine einzuschlafen. Ich finde es furchtbar und schrecklich, wenn ein Kind sich in den Schlaf weinen muss. Aber….. Ja, es gibt ein „aber“. Ich finde es genauso schrecklich, wenn sich eine Mutter jeden (!) Abend stundenlang neben das Bett des Sprösslings setzt, obwohl sie keine Lust darauf hat. Wenn sie die Zeit selbst genießt, soll sie es machen. Aber nicht selten lese ich in Foren, dass Mütter alles andere als fröhlich und entspannt ausharren bis die Kinder endlich schlafen. Und das über Jahre. Keiner kann mir erzählen, dass das keine Genervtheitsspirale in Gang setzt.

Wenn Kinder dem Babyalter entwachsen sind, sollten sie auch merken dürfen, dass auch Eltern Bedürfnisse haben. Zum Beispiel das Bedürfnis, abends einfach mal ein bisschen Erwachsenenzeit zu haben, einen Film anzuschauen, ein Buch (kein Kinderbuch) zu lesen oder ein bisschen Sport zu machen. Vielleicht auch sich einfach hinzulümmeln und gar nichts zu machen. Ja, ich finde das muss drin sein.

Wie man das dem Kind beibringt?

Als Baby gar nicht, das ist klar. Mein Sohn hat über ein Jahr eng umschlungen mit mir geschlafen. Aber nach und nach fand er auch sein eigenes Bett schön. Ich hab es ihm immer wieder schmackhaft gemacht. Im Bett ist seine toniebox und ich habe mich lange mit ihm in sein Bett gekuschelt, um ihm zu zeigen, wie schön und bequem es ist.

Als meine Kinder dann alt genug waren, um zu verstehen, was ich ihnen sage und als sie sich in ihren Betten richtig wohlgefühlt haben, habe ich deutlich gemacht: Ich bin in der Nähe, ich muss nur kurz zur Toilette, ins Bad, die Spülmaschine ausräumen, ein Telefonat führen, etwas trinken, nach deiner Schwester schauen oder was auch immer. Etwas, das das Kind versteht und bei dem es eine ungefähre Vorstellung davon hat, dass es in der Nähe stattfindet. Ich mache außerdem eine CD oder die toniebox an. Meine Kinder lieben die Geschichten und hören sie eigentlich nur zum Einschlafen. Sie freuen sich immer schon drauf. Sobald eines der Kinder nach mir ruft, gehe ich wieder hin. Und ich bleibe auch zu einer ausführlichen Kuschelrunde. Alles wie es das Kind braucht. Aber dann ist es gut. Dann ist Erwachsenenzeit. Dann wird geschlafen. Und das klappt gut.

Alle Bedürfnisse sind wichtig

Ist das egoistisch wie ich das mache? Keine Ahnung, ein bisschen vielleicht. Aber den Kindern gefällt es. Keiner hat Angst, keiner ist verzweifelt oder einsam. Keiner muss länger weinen, als mein Weg zum Kinderzimmer dauert. Sie hören ihre Geschichten und ruhen sich in ihren Betten aus. Ich bin ein zu unruhiger Geist um mich eine Stunde reglos neben meinen Sohn zu legen. Und ehrlich gesagt bin ich meistens allein um die Kinder ins Bett zu bringen und ich kann mich nicht zerteilen. Wenn es jemandem Spaß macht und es ihm gefällt ist das toll, dann soll er Einschlafbegleitung machen bis die Kinder ausziehen. Meine Kinder brauchen das glücklicherweise nicht. Ich bin deshalb keine herzlosere Mutter. Und Du auch nicht.

Sich verlassen können

Das ist für mich das Wichtigste: Dass meine Kinder sich auf mich verlassen können. Es gibt Abende, da liegt den Kindern etwas auf dem Herzen und sie brauchen mehr Zuwendung. Manchmal will meine Tochter noch reden oder Geschichten hören. Oder mein Sohn möchte gehalten und in den Schlaf gewiegt werden. Das mach ich auch. Ausnahmsweise. Oder sie träumen schlecht und krabbeln nachts mit in mein Bett. Oder ich soll mit in Ihres krabbeln. Jederzeit. Gar kein Problem. Aber grundsätzlich finden sie alleine die meiste Ruhe.

Keiner von beiden wurde aus meinem Bett verbannt, ich habe sie einfach davon überzeugt, dass es für alle am bequemsten so ist. Ohne Zwang und ohne Druck. Ich liebe das Familienbett – Sonntag morgen. Zum Schlafen ist es für uns nichts. Beide Kinder sind auf den Geschmack gekommen. Wenn ich abends bei meinem Sohn im Bett kuschle, bedeutet er mir nach einige Minuten, dass ich jetzt bitte rausgehen soll. Er will sich ausruhen – allein. Und schläft dabei ein. Das ist erholsam für uns beide. Für uns fühlt sich das gut an.

Ich weiß, ich bin nicht allein

Ich lese in vielen Foren, dass Mütter eigentlich genervt sind vom stundenlangen neben den Kindern liegen und warten bis sie eingeschlafen sind. Und in meinem Freundeskreis zumindest weiß ich, dass es die wenigsten machen. Aber irgendwie haben die meisten ein schlechtes Gewissen dabei, nicht einschlafzubegleiten. Ich finde das unnötig. Ich will, dass es allen in der Familie möglichst gut geht. Allen. Mir auch. Das bringt Ruhe in den Alltag und sorgt für entspannte Verhältnisse. Wie siehst Du das mit der Einschlafbegleitung?

Lesetipp: 5 Fehler bei der Einschlafbegleitung

Wie meine Kinder schlafen „gelernt“ haben, das kannst Du hier nochmal nachlesen.

12 Gedanken zu „Vom richtigen Maß bei der Einschlafbegleitung“

  1. Vielen Dank fürs Teilen! Und für die ehrlichen Worte.
    Meine Tochter ist nun 2,5 Jahre alt und ich habe sie bisher immer in den Schlaf begleitet. Meistens klappt es auch innerhalb von einer halben Stunde.
    Das ist der Zeitrahmen, der für meinen Geschmack auch das Maximum ist.
    Alles darüber hinaus, nervt mich mittlerweile sehr. Sogar so, dass ich immer häufiger überlege, dass ich das Einschlafbegleiten peu a peu komplett abstellen möchte.
    So wie hier mehrfach beschrieben; Abendritual, Vorlesen und dann gute Nacht und aus dem Zimmer gehen können.
    Es ist so, wie Du auch schon schreibst, man selbst hat eben auch Bedürfnisse nach Ruhe, Erwachsenenzeit, Zeit für sich selbst und den unerledigten Kram der eben auch anfällt. Etc.pp. Ewig lange Schlafbegleitung, kann da nach einigen Jahren, wirklich sehr nervenaufreibend sein.

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  2. Ein sehr schöner Text, der genau mein derzeitiges Denken spiegelt. Die manchmal stundenlange Einschlafbegleitung raubt mir den letzten Nerv, trotzdem ich mich mit dem Papa täglich abwechsle. Ich sitze ewig neben dem Bett meiner „großen“ fast 3 jährigen Tochter, sie regt sich nicht. Wenn ich denke, ich kann das Zimmer verlassen, geht der kleine Kopf wieder hoch. Wenn alles im Rahmen bleibt, kein Problem. Aber sie sprengt oft die Grenzen und dann sind alle unzufrieden. Zu mal auch noch ein 3 Monate altes Baby da ist und ich in den Abendstunden dann auch noch Wäsche zusammen lege etc., damit am nächsten Tag nicht ein noch größerer Haufen auf mich wartet. In letzter Zeit erwische ich mich oft, dass ich denke, ich bin nur noch Diener und Sklave der eigenen Familie. Erstmal alle Anderen und dann irgendwann ich.

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  3. Also ich sehe es gespalten.
    Unser Sohn, fast 2, schläft von Anfang an bei uns im Schlafzimmer, aber in seinem Bett, außer als Baby, da wurde in unserem Bett oder Arm eingeschlafen und dann haben wir ihn in sein Bett gelegt.
    Und das klappte super.
    Mit 9 Monaten hat er sich selber abgestillt, aber ich wollte ihn noch bei mir behalten, er schlief zwar nachts immer länger, aber wurde immer mal wieder wach, war für mich einfach bequemer.

    Mittlerweile haben wir es so, daß unser Sohn abends gegen 20/21 Uhr ins Bett geht, da er noch mittagsschlaf macht.

    Wir wechseln uns mit ins Bett gehen und begleiten ab.
    Zu 99% schläft unser kleiner nach 30 Minuten ein. In seinem Bett.
    Aber wir warten bis er eingeschlafen ist, weil es so einfach viel entspannter ist. Es kommt vor das wir auch mal ne Stunde warten bis er schläft. Aber, ja ich bin Dan auch genervt, aber es ist dafür dann die Nacht bis zum Morgen entspannter.

    Ich verurteile niemanden der nicht beim einschlafen begleitet, im Gegenteil. Manchmal wäre das auch cool, Kind ins Bett, noch was lesen und raus. Aber unser mini Mann braucht das und wir finden es ok.

    Bei Papa geht es übrigens mittlerweile schneller als bei Mama 🤣

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  4. Mein Sohn ist 3,5 und seit Jahren das selbe Spiel abends. Er geht um 23 Uhr ins Bett und wir um 24 Uhr. Er kommt dann nachts iwann u d geht entweder in mein Bett (wo ich dann den Rest der Nacht kein Auge zutue, weil er mich tritt und sich breit macht!) oder zum Papa (wir schlafen getrennt) und holt den rüber zu sich, wo er dann mit Papa auf der Matratze von gerade mal 70 cm Breite liegen MUSS.
    Er ist sicher gebunden, wie lassen ihn nie allein und haben ds auch nie. Wir haben IMMER getröstet, immer zugehört.
    Man müsste meinen, es wäre PERFEKT.
    Aber stattdessen rennt er einem immer noch in JEDES Zimmer nach (sogar beim Toilettengang!).

    Wir haben seit JAHREN keinen Abend für uns gehabt.

    Der Bengel ist clever, weigert sich aber uns auch nur auf Klo gehen zu lassen. Mittlerweile erkläre ich ihm alles haarklein jeden Tag bis zu 40 Mal.

    Trotzdem ändert sich nichts.

    Ich geb ihm noch 2 Tage, dann gehe ich nach der gute Nacht Geschichte raus.

    Dann weint er zwar, aber langsam können wir als Eltern auch nicht mehr. ICH zb weine mich jede Nacht in den Schlaf deswegen.

    Keine Paarzeit (uns nimmt niemand das Kind ab und es gibt keinen Kitaplatz für ihn!), keinen Sex, keine gemeinsamen Stunden abends seit seiner Geburt.

    Ein Wunder, dass wir überhaupt noch zusammen sind!

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  5. Ein sehr schöner Text.

    Ich finde ehrlich gesagt auch, dass es mit der Einschlafbegleitung sehr übertreiben kann und ich sehe im Freundeskreis oft, wie das zu einem echten Problem aufgeblasen wird.

    Im Übrigen finde ich, dass man nur weil man Mutter ist, nicht plötzlich jedes Recht auf eigene Bedürfnisse verloren hat.

    Meine Tochter ist erst 10 Wochen alt und in den ersten 6 Wochen hat sie jede Nacht in meinem Arm geschlafen. Ich hätte sie auch gar nicht weg legen können, das hätte mir das Herz gebrochen. Aber nach 6 Wochen Baby im Arm taten mir Rücken, Schultern und Arm so weh, dass ich sie an einem Abend als tief geschlafen hat ins Beistellbett gelegt habe.
    Sie ist nicht aufgewacht, ich habe ihr über den gestreichelt bis ich einfach eingeschlafen bin. Ich habe ich der Nacht so gut geschlafen. Ich brauchte einfach die Freiheit selber entscheiden zu können wie ich liegen will.
    Mittlerweile schläft sie im Beistellbett auch ein, ich streichel sie, halte ihre Hand und wenn nachts unruhig ist kann ich sie durch Händchen halten oft schon beruhigen.
    Ich hatte erst ein schlechtes Gewissen, aber sie ist ja nur eine Armlänge weit weg.
    Wir schlafen alle drei gut und recht viel und ziemlich entspannt.
    Das liegt aber ehrlich daran, dass meine Tochter ein total chilliges, zufriedenes Baby ist und wirklich extrem wenig weint.
    Dazu habe ich habe keinen Beitrag geleistet, die war schon so, ich hab die so gekriegt! 😁

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  6. Hallo Katharina,
    ich bin da völlig Deiner Meinung. Ich finde, man darf dem Kind ruhig auch zutrauen, dass es alleine einschlafen kann. Man sollte als Mama/ Papa auch bedenken, dass man dem Kind keinen Gefallen tut, wenn man ihm alle Kompetenzen abspricht. Ich finde, wenn man sich am Kind und seinen Entwicklungsstand orientiert, geht man einen guten Weg für alle. Beim ersten Kind mag es sein, dass man Zeit hat bei der intensiven Einschlafbegleitung. Das hab ich damals auch gemacht … Aber als mein Kind etwas über 2 war, hab ich mich nach und nach rausgezogen. Ich lege Wert auf vorher eine kuschelige und schöne Abendroutine … und mein Kind auch. Irgendwann ist rum, ich kündige vorher an, wann ich geh und es ist ok. Außerdem habe ich festgestellt, mein Kind schläft schneller ein, als wenn ich daneben liege. Ausnahmen mache ich auch.
    Spätestens beim 2. Kind stellt man fest, vieles geht nicht mehr so. Beim 2. Kind beobachte ich vielmehr und lasse es nach seinen “Einschlafkompenzen” machen, ich bin da. Unser 2. Kind ist jetzt 7 Monate, Stillkind und hat durchaus schon Momente, wo es sich einfach zufrieden umdreht und einschlägt, ohne dass Mama die Hand hält oder ewig in den Schlaf stillt.
    So wie beim Einschlafen ist es bei vielen Dingen im Leben. Ich sehe mich auch eher als Begleiterin, und freue mich, wenn meine Kinder mutig sind Neues auszuprobieren und daran wachsen. Und wenn es eben noch nicht geht oder etwas schief läuft, dann bin ich da. 🙂
    Vielen Dank für den Blog
    Liebe Grüße
    Karla

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  7. Vielen Dank für deinen Text. Er ist sehr schön geschrieben und erzählt ungefähr, wie es bei uns zuging und gewissermaßen immer noch zugeht. Mein Großer ist jetzt 14 und ich bin ihm Abends immer noch wichtig. Bis zu einem gewissen Punkt.
    Mich stört vor allem diese Ausschließlichkeit, mit denen in den entsprechenden Foren pro Familienbett und pro Einschlafbegleitung argumentiert wird. Ich weigere mich, mich als schlechte Mama abstempeln zu lassen, nur weil ich eigene Wege gewählt habe. Mir war es immer am wichtigsten, dass es der Familie gut geht. Jedem von uns.

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    • Danke für die positive Rückmeldung. Das hast Du schön gesagt. Es soll allen gut gehen. Es ist eben nicht so, dass jeder, der sein Kind stundenlang einschlafbegleitet dabei geduldig und zugewandt ist. Man sollte tun was sich für einen selbst gut anfühlt und was sich auch dann noch gut anfühlt, wenn man sich ehrlich ins Kind hineinversetzt. Das ist für mich sowieso der Schlüssel zu sehr vielem.

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  8. Ich bin da ganz deiner Meinung. Meine Kleine ist 9 Monate alt. Sie schläft seit Anfang an in Ihrem Bettchen neben mir. Natürlich habe ich sie gewiegt und gehalten, mache ich noch immer. Aber ich habe gemerkt, dass sie auch gerne alleine einschläft. Wir haben unser fixes Ritual und das ist auch gut so. Aber wie du schon geschrieben hast, irgendwann muss Ruhe sein. Tagsüber schläft meine Kleine kaum bis teilweise gar nicht. Da bin ich froh, wenn ich nach 13 Stunden auch mal durchschnaufen, Dinge im Haushalt erledigen und manchmal auch mal nichts machen kann. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass mein Kind leidet. Ich füttere sie, kuschel mit ihr und wenn sie da noch nicht eingeschlafen ist, dann schläft sie von alleine ein. Ohne Geschrei oder herzzerreißend Weinen. Einfach ganz ruhig. Natürlich sind Kinder unterschiedlich. Doch das mit Muss sitzen und in den Schlaf begleiten finde ich nicht richtig. Überhaupt, wenn die Mutter es täglich mit einer großen Überwindung tut. Doch jeder soll das machen, was er/sie für richtig hält. Wohl fühlen sollte man sich nur dabei.
    Alles Liebe Sonja

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