Warum Bayern keinen kostenlosen Kindergarten hat: So funktioniert das Familiengeld

Der Ruf nach dem kostenlosen Kindergarten ist nachvollziehbar. Familien zu entlasten ist gut und wichtig. Aber ist der kostenlose Kindergarten da der richtige Weg? Und wie sieht die bayerische Lösung aus?

Familienleistungen in Bayern

Bis Mitte 2018 gab es in Bayern das Betreuungsgeld und das Landeserziehungsgeld. Das Betreuungsgeld erhielten alle Familien, die ihre (Klein-) Kinder nicht in den Kindergarten beziehungsweise in die Krippe gegeben haben. Deshalb bezeichnete man diese Leistung auch mehr oder weniger scherzhaft als „Herdprämie“. Das Landeserziehungsgeld erhielten Eltern mit niedrigem Einkommen. Beide Leistungen gibt es seit diesem Sommer nicht mehr. Sie wurden durch das Familiengeld abgelöst. Dieses wird als Weiterentwicklung des bisherigen Systems an alle Eltern gleichermaßen gegeben.

Kindergartenkosten in Bayern

Wenn Eltern ihre Kinder in Bayern in den Kindergarten schicken, müssen sie sich an den Kosten dafür beteiligen. Wie viel das ist, hängt vom Träger des Kindergartens und auch vom Ort ab. In München sind die Beiträge zum Beispiel viel höher als in ländlichen Gebieten Oberfrankens. Die Schere klafft für einen Krippenplatz von rund 180 Euro bis 600 Euro elterlicher Zuzahlung. Haben Eltern ein jährliches Einkommen von unter 15.000 Euro, so sind sie von den Kita-Gebühren befreit. Für alle Eltern gilt, dass sie im letzten Kindergartenjahr  100 Euro Unterstützung extra erhalten. Bei uns hat das bedeutet, dass das letzte Kindergartenjahr praktisch kostenlos war.

Das neue bayerische Familiengeld

Solange ein Kind zwischen 12 und 36 Monaten alt ist, erhalten seine Eltern pro Monat 250 Euro Familiengeld. Das Familiengeld wird ohne Antragstellung überwiesen. Es ist einkommensunabhängig und auch unabhängig davon wie ein Kind betreut wird. Insgesamt sind das 6000 Euro pro Kind. Handelt es sich um das dritte Kind oder gibt es noch mehr Geschwister, so beträgt das Familiengeld pro Kind sogar 300 Euro monatlich (gesamt: 7200 Euro).

familiengeld

Wahlfreiheit statt kostenloser Kita

Was ist das beste für ein Kind? Kann Politik diese Frage beantworten? Ich glaube nicht. Die allermeisten Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Und für jedes Kind und für jede Familie ist etwas anderes richtig. Deshalb gibt es nicht den einen perfekten Kindergarten, es gibt nicht den einen perfekten Erziehungsstil und es gibt nicht die eine perfekte Betreuungsform. Kindergarten unter verschiedener Trägerschaft und mit unterschiedlichem Konzept, Tagesmutter oder die Großeltern oder Mama oder die Papa, die eine längere Auszeit vom Job nehmen. Es gibt so viele Modelle wie es Familien gibt. Schön, wenn Politik darauf Rücksicht nimmt.

Ministerpräsident Markus Söder hat betont, dass statt dem kostenlosen Kindergarten lieber die Qualität in den Einrichtungen (weiter) verbessert wird. Längere Öffnungszeiten, mehr Mitarbeiter – der Freistaat will die Träger darin unterstützen. Und auch das Familiengeld kann bezahlt werden, weil das Geld eben nicht in kostenlose Kindergartenplätze gesteckt wird. „Wer Familiengeld bezieht kann sich überlegen, ob er davon einen Krippenplatz bezahlt, sein Kind einmal die Woche zur Tagesmutter schickt, sich einen Babysitter für abends organisiert oder es als kleine Anerkennung für die eigene Betreuungsleistung für sich behält. Eltern wissen selbst am besten, was ihrer Familie hilft“, so die bayerische Familienministerin Kerstin Schreyer. Ich habe Kerstin Schreyer zwei Fragen stellt: Warum das Familiengeld nur zwei Jahre gezahlt wird und was die Beweggründe waren, es nicht so zu machen wie in anderen Bundesländern. Das sind ihre Antworten: (unter den Videos geht´s weiter!)

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Argumente für den kostenlosen Kindergarten

Der kostenlose Kindergarten statt dem Familiengeld wäre ein Modell, das andere Bundesländer erfolgreich praktizieren. Und natürlich hat ein kostenloser Kindergarten Vorteile. Sicher gibt es viele Kinder, deren Förderung im Kindergarten besser wäre als zu Hause. Kinder aus bildungsfernen Familien, die zu Hause vielleicht vor dem Fernseher dauerhaft geparkt werden oder Kinder aus fremdsprachigen Familien, die im Kindergarten auch unsere Sprache lernen. Diese Kinder sollten in einen Kindergarten gehen. Davon bin ich überzeugt. Eine Garantie, dass ihre Eltern sie hinbringen, ist der kostenlose Kindergarten allerdings nicht. Außerdem könnte auch in solchen Familien eine Tagesmutter die bessere Wahl sein. Vielleicht auch noch ein anderes Modell wie Eltern-Kind-Kurse. Durch das Familiengeld haben Eltern die Wahl, aber auch die Verantwortung. Ob jeder diese Verantwortung übernehmen kann, ist fraglich.

Wie das Familiengeld besser werden könnte

Problem ist, dass Eltern das Familiengeld nur bis zum 3. Geburtstag des Kindes erhalten. Der kostenlose Kindergarten würde da ja erst losgehen. Würde das Familiengeld zwischen dem 3. und dem 5. Geburtstag gezahlt, wären dadurch die Kosten für die Kinderbetreuung (im größten Teil des Freistaats) gedeckt. Allerdings soll das Familiengeld eben auch einen Übergang vom deutschen Elterngeld darstellen. Familien haben also die Möglichkeit, sich das Geld zurückzulegen und damit den Kindergarten zu bezahlen (nicht sehr wahrscheinlich, aber rechnerisch absolut denkbar). Oder wir hoffen darauf und kämpfen dafür, dass der Freistaat das Familiengeld schrittweise noch weiter verbessert und zum Beispiel länger bezahlt.

Betrüge das Familiengeld von vorne herein nur 200 Euro und bekämen die Eltern eines Dreijährigen zum Beispiel noch 150 Euro monatlich und die Eltern eines Vierjährigen noch 100 Euro. So wäre der Bruch nicht so hart und in weiten Teilen des Freistaates wären die Kindergartenkosten damit auf ein Minimum heruntergefahren. Die Kosten für den Freistaat wären mit 7800 statt 6000 Euro nur geringfügig höher. Für Familien wäre die Entlastung aber planbarer und dauerhafter.

Was mich nervt

  1. Was mich nervt ist, dass es einfach zu wenig Verlässlichkeit bei Leistungen gibt. Die Freien Wähler wollen das Familiengeld wieder abschaffen und stattdessen den Kindergarten kostenlos machen. Ich finde aber, die Leute müssen sich auch mal sicher sein können, was sie vom Staat erwarten können. Dauernd wieder anders: das nervt.

Was meinst Du? Macht das Familiengeld Sinn? Ich bin auf Deine Meinung gespannt.

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4 Gedanken zu „Warum Bayern keinen kostenlosen Kindergarten hat: So funktioniert das Familiengeld“

  1. Danke für den Beitrag!
    Auch wenn er bereits älter ist, würde ich gerne kommentieren.
    Mir scheint der Artikel sehr positiv in Richtung des Familiengeldes in Bayern orientiert zu sein. Ich teile diese Beurteilung jedoch nicht ganz. Insbesondere sind 250€ natürlich auch ein Hohn, würde man tatsächlich die Leistung der Mütter und Väter für die Kinderbetreuung anerkennen wollen – aber das nur nebenbei. Auch ist es eben nicht für alle möglich, selbst wenn sie wollen würden, auf Kinderbetreuung zu verzichten (Alleinerziehende etwa oder weil beide Elternteile arbeiten müssen etc.).
    In der Antwort auf das erste Kommentar wird geschrieben, dass der kostenlose Kindergarten das Aus der Tageseltern bedeuten würde. Das stimmt so nicht ganz, wenn nämlich nicht der Kindergarten kostenlos wäre, sondern die Kinderbetreuung, dem Vorbild von Berlin folgend. Dort übernimmt die Stadt bzw. das Land Berlin die Kosten für die Betreuung (in der Regel ab dem 1. Geburtstag, wenn eher wieder gearbeitet werden muss auch früher). Dadurch sind städtische & private Anbieter von Kinderbetreuung inbegriffen, was bei den privaten Einrichtungen große Kindergärten aber auch Tagespflegen oder Tageseltern/-mütter einbezieht und sogar die Betreuung durch Babysitter oder Angehörige (da dann aber ein reduzierter Betrag bzw. wohl nicht nach den gleichen Sätzen, wie für Tagespflegen, Krippen und Kindergärten). Selbst Konzepte wie Work and Kid können damit abgerechnet werden, wenn eben kein regulärer Platz in einer Einrichtung vorhanden ist (nur dann können die Kosten in einem bestimmten Rahmen für eine private Person (also nicht Selbständige in der Kinderbetreuung, sondern Angehörige etwa) oder derartige Betreuung übernommen werden)
    Ein Problem ist jedoch, dass dadurch tatsächlich eine Auslastung bzw Überlastung der Betreuungskapazitäten erreicht wurde. Es somit zwar ein Recht auf freie Kinderbetreuung gibt, jedoch nicht genügend Plätze – somit oft Kinder vor dem 1. Geburtstag gar nicht und selbst trotz Anrecht oft erst einige Monate später einen Platz bekommen und die Suche sehr aufwändig , nerven- und zeitberaubend ist.
    Gäbe es mehr Betreuungseinrichtungen, dann würde diese Regelung wie in Berlin aber tatsächlich m. E. die beste Lösung sein, die allen Müttern und Vätern – egal ob in Gemeinschaft oder getrennt lebend und alleinerziehend (soziale Faktoren, die im Artikel gar keine Rolle gespielt haben) – zu Gute kommt UND den Kindern.
    Nur um vielleicht doch noch eine Lanze für die kostenfreie Kinderbetreuung zu brechen.

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  2. Was soll man von diesem Beitrag halten? Gut geschrieben, gut argumentiert – und das eigentliche Problem elegant umschifft – Politik eben.

    Menschen, Paare die sich ein Leben aufgebaut haben, vielleicht mit einem eigenen Haus oder Wohnung, haben Kosten. Diese müssen auch bezahlt werden, wenn Kinder da sind. Das ist einer der Gründe warum viele Eltern arbeiten gehen MÜSSEN! Wenn ich das Beispiel in München mit 600 Euro für einen Kindergartenplatz nehme, dann muss man schon ruhig bleiben, um nicht allzu böse zu werden. Um 600 Euro an Kindergartenbeiträgen zu zahlen muss ich 800-900 Euro brutto verdienen, nur um diesen Beitrag zu zahlen. Heißt mein Job muss das was ich brauche, PLUS 800-900 Euro bringen. Wo geht das? Wie soll das gehen?

    Es wird immer so viel erzählt, dass wir Kinder brauchen, unsere Gesellschaft, under Land unser Rentensystem, alle wollen Kinder. Doch die Wahrheit in Deutschland ist oft folgende, wer sich für Kinder entscheidet muss sich das finanziell leisten können.

    Das Familiengeld ist schon einmal eine tolle Sache – 250 Euro für Familien „Daumen hoch“. Aber wenn ich in München wohne ist das noch immer viel viel zu wenig. Natürlich kann man argumentieren, dass es nicht die Aufgabe des Staates ist, sich um Kinder und Eltern zu kümmern, denn jeder kann selbst entscheiden was er tut.

    Unsere Gründerväter waren vielleicht etwas weitsichtiger als wir es heute sind – sie haben „die Familie“ unter besonderen Schutz gestellt und zwar im Art. 6 Grundgesetz. Der Grund ist klar, ohne Familie keine Kinder, ohne Kinder keine Rente, kein Fortbestehen. Kinder sind also unter dem Strich das wichtigste Gut eines Landes oder unserer Welt.

    Warum nur, ist in unserem Land Geld für alles da und ein Kindergartenplatz kostet 600 Euro? Wer möchte da 3 Kinder haben? Wer soll sich das leisten können?

    Vielleicht erhalte ich eine Antwort – wahrscheinlich nicht.

    Eine letzte Lanze möchte ich noch zu dem Thema „Tagesmutter“ brechen, sicherlich eine gute Idee, sicherlich auch gut gemeint. Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht viele Mütter gibt, die Ihr Kind in die Arme von völlig fremden Menschen gibt und das ohne Kontrolle. Im Kindergarten sind immer mehrere Erzieher da eine Tagesmutter ist mit dem Kind völlig allein. Auch wenn´s schwer fällt, fühlen Sie sich in eine Mutter hinein, die ihr kleines Baby in eine Betreuung geben muss und nur diese Chance hat.

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    • Hallo Herr Ritter,
      danke für Ihre durchdachte Antwort. Ich fang die Punkte mal rückwärtig an.
      Tagesmutter: Ich selbst habe da mit bei meiner großen Tochter sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir haben hier eine mehrere wunderbare Tagesmütter, die aus Überzeugung gerne diese Aufgabe übernehmen. Aber natürlich ist es so, dass der persönliche Draht zwischen Eltern und Tageseltern besonders wichtig ist. Gerade als meine Tochter noch klein war, fand ich die persönliche Betreuung im häuslichen Umfeld viel besser, als den Krippenalltag, aber das ist natürlich eine sehr individuelle Entscheidung und nicht zur Verallgemeinerung geeignet. Umso mehr finde ich: Eltern sollten unterstützt werden, egal für welches Betreuungssystem sie sich entscheiden. Wenn der Kindergarten kostenlos wird, werden Tageseltern kaum mehr eine Chance haben. Das fände ich doch sehr bedauerlich.
      Was die finanzielle Entlastung von Eltern angeht: Ich finde, die ist in unserem Land wirklich gut. Eltern werden in so vielen Bereichen unterstützt. Einkommensschwache Familien brauchen keinen Kindergarten zu bezahlen. Hobbies sind über Vereine oft sehr günstig, es gibt lange Betreuungszeiten. Kinder gehen uns alle an. Ich kann nicht erkennen, wo Eltern grundlegend benachteiligt werden. Die Kosten für den Kindergarten weiter zu senken ist für mich nicht die geeignete Lösung. Menschen, die ihre Kinder aus Überzeugung zu Hause (oder von der Tagesmutter) betreuen, wären dadurch benachteiligt.Und dass die Kosten in München (teilweise) so hoch sind, ist ein Ballungsraum-Phänomen. Die Preise für die Betreuung sind dort auch wegen höherer Löhne und Mieten höher. Und es ist ja der Höchstbetrag – die meisten Kindergärten (auch in München) sind günstiger. Viele Träger bieten auch bei mehreren Kindern Rabatte an. Natürlich gibt es immer einzelne Fälle in denen es aus irgendwelchen Gründen unfair zugeht. Da muss man dann ansetzen. Aber im großen Bogen hat die Politik aus meiner Sicht die Hausaufgaben gemacht.

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    • Guten Tag,

      wir sind eine 5 köpfige Familie mit 3 Kinder. Unser großer Wunsch ist es irgendwann nach Bayern (München oder München Umgebung zu ziehen). Zur Zeit wohnen wir in Hamburg und hier gibt es das kostenlose Kindergarten. Sobald die Kinder das Schulalter erreichen, hoffe ich bis dahin eine finanzielle Kraft angespart zuhaben um endlich von Hamburg nach München Umgebung (München zu teuer) hinzuziehen.

      Unser Familiennettoeinkommen beträgt zur Zeit ca. 4600 Euro.

      Daher haben Sie absolut Recht mit Ihrem Kommentar!

      LG aus Hamburg

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