Ganz normale Kinder – über den Durchschnitt

Vorab: Ich will mit diesem Artikel niemandem zu nahe treten, der Kinder mit besonderen Fähigkeiten oder Bedürfnissen hat – oder gar mit kranken Kindern. Natürlich sind diese Kinder bemerkenswert. „Normale“ Kinder sind es aber auch! 

Ich fühl mich fast wie ein Außenseiter. Denn meine Kinder sind einfach nur normal. Dürfen sie das? Werden das auch andere so sehen, zum Beispiel wenn sie mal in die Schule gehen? Und was ist eigentlich normal?

So normal sind meine Kinder:

Meine Kinder sind fröhlich und oft in ihr Spiel vertieft, so dass es fast ist, als seien sie in ihrer eigenen kleinen Welt. Meine Kinder streiten sich, dass die Fetzen fliegen und liegen sich dann wieder kuschelnd in den Armen. Manchmal sind sie auch bockig und frech und garstig und laut, dann nämlich wenn eine Welle von Wut sie überrennt, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Meine Kinder kündigen Freundschaften und knüpfen neue. Sie sind übermütig und manchmal ganz zart. Sie sind überdreht, wenn der Tag lang war und manchmal schlafen sie schlecht. Aber manchmal geht auch alles reibungslos. Meine Kinder wollen oft nicht darauf hören, was ich sage und meinen, sie wissen es besser. Aber manchmal kommt meine Tochter auch und fragt mich um Rat. Meine Kinder lieben Geschichten und Bewegung und Musik. Und ich finde sie so clever. Und manchmal auch nicht.

Meine Kinder sind für mich etwas besonderes und für unsere Familie – aber objektiv betrachtet sind sie ganz normal

Es ist schön, dass es besondere Kinder gibt, solche mit besonderen Bedürfnissen oder Fähigkeiten. Ich finde es wichtig, dass sie in den Fokus gebracht werden und auch gesehen werden, aber eben nicht nur. Wenn ich mich heute umschaue habe ich manchmal das Gefühl „normal“ ist out. Ein Kind kann nicht einfach ein bisschen verträumter, aufgeweckter oder konzentrierter sein als die anderen, es muss gleich ein Name dafür her. Vielleicht brauchen wir Erwachsenen auch diese Namen, man könnte sie auch Schubladen nennen – um einen besseren Umgang zu lernen. Dabei bleiben die meisten Kinder normal, auch wenn man sie anders nennt. Kinder zeigen uns in der Regel was sie brauchen. In Schubladen stecken lassen sie sich nicht so gerne.

„Normal“ – das ist ja schon ein komisches Wort. „Der Norm entsprechend. So wie es sich die allgemeine Meinung als Üblich vorstellt“ so definiert es der Duden. Das was die meisten unter „normal“ verstehen, ist aber scheinbar gar nicht mehr normal. Das besondere scheint normal zu sein. Ich verstehe das, „Normal“ klingt ja irgendwie auch nach Durchschnitt. Die meisten Eltern sehen lieber, dass ihr Kind schlauer ist als die anderen oder erhöhten Förderbedarf hat. Sie wollen ihr Kind zurückstellen lassen oder frühzeitig einschulen.

Wer sich in der Schule ein bisschen schlauer anstellt als der Rest, gilt schnell als hochintelligent. Wer sich dümmer anstellt, hat sicher eine Lernschwäche, oder Leseschwäche und was sonst noch. Natürlich sind es nicht nur die Eltern, die die Kinder so kategorisieren, sondern oft auch das System Schule. Wir sollten versuchen uns davon freizumachen. Können wir nicht einfach die Verschiedenartigkeit der Menschen im Rahmen des Normalen anerkennen? Müssen denn alle unbedingt anders sein als andere, damit sie bemerkt werden? Kinder mit besonderen Bedürfnissen sollte besondere Förderung erhalten, ja. Aber wir sollten der großen Masse der ganz Normalen nicht das Gefühl geben, weniger bemerkenswert zu sein.

Und die Zukunft?

Ich finde meine Kinder sind etwas besonderes, weil es meine Kinder sind. Sonst nichts. Ich glaube, dass aus ihnen etwas besonderes werden kann – mit harter Arbeit und Fleiß. Aber das ist ein langer Weg und auf dem wird einem nichts geschenkt. Wenn sie es irgendwann geschafft haben, werden sie stolz auf sich sein können, was auch immer es ist. Dass Kinder glauben, sie sind besonders toll, bevor sie überhaupt irgendetwas richtig geleistet haben, das ist glaube ich nicht gesund. Aber das ist ein anderes Thema. Da hat die Senfoma schon einmal drüber geschrieben.

Meine Kinder sind jedenfalls etwas besonderes, vielleicht auch, weil sie eben ganz normal sind. Das geht leider selbst bei uns auf dem Land verloren.

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2 Gedanken zu „Ganz normale Kinder – über den Durchschnitt“

  1. Ein schöner Beitrag!
    Diese „wunderbaren, normalen Kinder“sind es, die meine Arbeit in den Schulen so bereichern. Für mich und alle anderen Kinder.
    Lange Zeit habe ich Extrem-Sportler bewundert, bis ich gemerkt habe, wie stressvoll, gefährlich und meist ungesund deren Leben ist.
    Meine Buch-Empfehlung zu diesem Thema „Be Nobody“ von Lama Marut

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