Wie der offene Kindergarten das Leben meiner Kinder reicher macht

Ich oute mich jetzt einfach mal: Ich liebe den Kindergarten. Nicht etwas, weil die Institutionen mir die Blagen vom Hals schaffen. Quatsch. ich bringe sie hin und zwar gerne und aus Überzeugung. Und ich sag Dir auch weshalb.

Offener Kindergarten – was ist das überhaupt

Kindergarten ist nicht mehr das, was wir aus unserer Kindheit kennen. Wo Tante sowieso vorne sitzt und bastelt und wir irgendwas machen, das nicht zu viel Lärm macht und dann das von der Tante gebastelte Zeug mit nach Hause nehmen. Nein – Kindergarten ist Freiraum, Kindergarten ist lernen, Kindergarten ist ein Ort zur Selbstentfaltung – vor allem bei einem Offenen Konzept, wie es unsere Kinder genießen dürfen. Dabei dürfen sich alle Kinder ihren Neigungen gemäß beschäftigen und sich in der Einrichtung frei bewegen.

Was ich an unserem offenen Kindergarten schätze: Die Erzieherinnen

Unser Kindergarten ist für meine Kinder so etwas wie ein drittes oder viertes zu Hause. Sie fühlen sich dort wohl. Sie treffen sich mit ihren Freunden, haben Erzieherinnen, die sie trösten, die ihre Arbeit gerne machen, immer fit und voller Ideen sind. Denn das ist ihr Job. Und zumindest für unseren Kindergarten kann ich sagen: Die Erzieherinnen machen das großartig. Manche sind etwas stiller und bedachter, andere sind besonders kreativ, wieder andere sind unheimlich geduldig, andere denken sich stetig neue Spiele aus, andere erkunden mit den Kindern die Natur. Sie decken eine riesige Palette an menschlichen Eigenschaften ab. Die Kinder lernen so, mit verschiedensten Menschen zurecht zu kommen. Sie lernen, dass die Regeln überall etwas anders sind, dass es aber gewisse Dinge gibt, die immer gelten.

Was ich am Kindergarten noch schätze: Die anderen Kinder

Da gibt es Rabauken, die anderen das Spielzeug wegnehmen. Kinder, die gerne alleine sind, es gibt Anführer und Mitläufer, Kreative und Kletterkünstler und noch viele mehr – und die Rollen wechseln oft. Die Kinder lernen sich selbst kennen und sich zu behaupten, sie bekommen nach und nach ein realistisches Bild von sich selbst und ihren Fähigkeiten. Natürlich greifen die Erzieherinnen ein, wenn die Kinder es brauchen, aber viele der Streitigkeiten, Spiele, Rollenverteilungen bekommen die Erzieherinnen naturgemäß gar nicht mit. Und das ist auch gut so. Denn die Kinder lernen so, Dinge alleine zu regeln. Sich zu einigen, zu teilen, sich abzuwechseln, sich zu behaupten und sich unterzuordnen.

Auch wunderbar: Die Spielmöglichkeiten:

Im Kindergarten gibt es ein ganzes Zimmer mit Bausteinen – magnetischen, leichten, schweren, großen, kleinen. Bausteine, von denen ich überhaupt nicht wusste, dass so etwas überhaupt existiert. Kleine Baumeister können sich hier über Jahre beschäftigen. Es gibt ein Atelier, in dem man seiner Kreativität freien Lauf lassen kann – ohne Einschränkung. Sag der Erzieherin was Du für Dein nächstes Kunstwerk brauchst und dann bau, kritzel, klebe und probier los. Es gibt ein Literacy-Zimmer, ein Spielzimmer, eine Turnhalle, einen Bauwagen im Wald. Ich kann gar nicht alles aufzählen. Und das alles frei verfügbar für die Kinder.  Sogar einen eigenen Hund hat der Kindergarten. Das alles kann ich privat gar nicht leisten. Die Kinder lernen sich zu fokussieren, sich zu entscheiden, nach ihren Neigungen zu arbeiten, für sich selbst verantwortlich zu sein.

Was ich besonders liebe: Die Gemeinschaft:

Bin ich mit den Kindern zu Hause, dann geht es nur um uns. Ich finde das nicht sehr natürlich. Kinder müssen frühzeitig lernen, dass sie nicht der Mittelpunkt der Welt sind. Klingt vielleicht hart, aber das lernt man lieber früher als später. Zum Leben gehört es auch, Rücksicht zu nehmen, im Chor zu singen, im Team Fußball zu spielen, aufeinander zu achten und so gemeinsam zu wachsen. Das lernt man im Kindergarten. Natürlich kann ich auch mit den Kindern zu Hause singen. Aber wie stolz ist meine Tochter, wenn sie in der Kirche mit zwanzig anderen Kindern vorne stehen kann und voller Konzentration mitmacht. So kann sie nicht nur lernen ohne Angst etwas aufzuführen. Sie kann auch lernen, dass es wichtig ist, dass alle still sind, wenn jemand etwas vormacht.

Was der Kindergarten nicht ist:

Ich hasse diesen Ausdruck, die Kinder in den Kindergarten zu „stecken“. Als wäre es ein Gefängnis. Mich nerven die Argumente von Politikern, dass nämlich Kindergärten gerade für Kinder aus bildungsfernen Schichten gebraucht werden. Für die auch, ja. Kann sein. Aber dieses Argument suggeriert doch, dass es ein Notbehelf ist. Ich will, dass meine Kinder optimale Voraussetzungen im Leben haben. Dafür scheue ich keine Kosten und Mühen. Ich bringen sie nicht in die Krippe und in den Kindergarten, weil ich keine Lust auf sie habe oder unbedingt arbeiten muss. Nein, ich müsste nicht mal unbedingt arbeiten und wenn ich glauben würde, dass meine Kinder besser zu Hause aufgehoben wären, würde ich sie zu Hause lassen. Und nein: Wir sind kein bildungsferner Sozialhilfehaushalt. Ich lese mit meinen Kindern und spiel mit ihnen, ich fördere sie und lass ihnen Freiraum. Der Kindergarten ergänzt meinen Einsatz als Mutter perfekt.

Natürlich will ich es nicht verteufeln, wenn jemand seine Kinder zu Hause erzieht!

Überhaupt nicht. Natürlich hat der Kindergarten auch Nachteile. Kinder können von den Möglichkeiten überfordert sein, die fremde Umgebung kann vor allem kleine Kinder stressen und natürlich passieren im Kindergarten Dinge, die man als Eltern nicht mitbekommt. Wer als Eltern die absolute Kontrolle behalten will, der tut besser daran, mit den Kindern länger zu Hause zu bleiben. Mir persönlich fällt es zum Beispiel schwer, beim Thema Essen die Kontrolle abzugeben. Ich habe da sehr genaue Vorstellungen, die im Kindergarten natürlich hinten an stehen müssen. Und natürlich kommt es vor, dass ich etwas mitbekomme von den Erzieherinnen mit dem ich pädagogisch nicht ganz konform laufe. Jeder muss selbst abwägen. Aber in der Summe bin ich mir sicher, dass FÜR UNS der Kindergarten der richtige Weg ist. Das mag aber auch an unserem wunderbaren Kindergarten liegen. Dieses Glück hat nicht jeder!

Woher ich weiß, dass der Kindergarten der richtige Weg für uns ist

Wissen tue ich es nicht. Aber ich fühle es. Und ich habe es heute wieder gespürt, als ich meinen Sohn nach den Ferien in die Krippe gebracht habe. Er ist mit festen kleinen Schritten durch die Tür ins Spielzimmer gestapft – direkt zu seiner Erzieherin. Er hat sie fest umarmt, sie kurz angestrahlt und dann wieder umarmt. Till kann noch nicht sprechen, aber seine Augen haben geleuchtet: Er hatte sie ein bisschen vermisst. Ist das nicht schön, dass die Kinder wissen, dass sie hier geliebt und angenommen werden. Nicht so sehr wie im echten zu Hause. Das ist etwas völlig anderes, aber doch ist es einzigartig. Ich weiß nicht, wie meine Kinder ohne Kindergarten wären, der Kleine ist auch erst seit kurzem dort.. Zumindest bei der Großen kann ich aber sagen: Sie ist so selbstbewusst, clever, empathisch, liebevoll – sie könnte nicht perfekter sein.

15 Gedanken zu „Wie der offene Kindergarten das Leben meiner Kinder reicher macht“

  1. Wundervollliebe Katharina! Genau so fühle ich es auch! Ich liebe unsere Erzieherinnen und auch wenn die Räumlichkeiten nicht perfekt sind, ich Mittagessen selbst mitgeben muss, weil keine Küche vorhanden ist und die betreuungszeiten besser sein könnten, kann ich mir keinen besseren Ort für meine Tochter vorstellen!

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    • Hallo Katja,
      das freut mich sehr zu lesen! Abstriche muss man immer machen. Die Gesamtrechnung muss stimmen. Und so hört es sich bei Dir ja an:-D Schöne Grüße!
      Katharina

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  2. Liebe Katharina, danke für diesen Artikel! Wie erfrischend, auch mal etwas Positives über Kindergärten zu lesen. Auf vielen Blogs liest man ja eher Negatives und warum Kinder besser zuhause betreut werden. Natürlich gibt es dafür Gründe, vieles spricht für eine Betreuung zuhause – aber vieles spricht eben auch für die Betreuung im Kindergarten. Wie du haben auch wir mit unserem Kindergarten Glück, unsere Tochter fühlt sich dort sehr wohl, die Erzieher/innen sind alle sehr herzlich und unternehmen viel mit den Kindern. Für uns war der Kindergarten definitiv die richtige Wahl!

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    • Das freut mich so sehr zu lesen! Ich habe mittlerweile wirklich den Eindruck, viele lieben ihren Kindergarten. Das muss auch mal gesagt werden dürfen:-)

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  3. Danke für diesen Beitrag. Ich arbeite seit meinem 16ten Lebensjahr in Kindergärten und habe schon alles mögliche erlebt. Ich kann nur sagen, egal wie toll das Konzept auf dem Papier klingt, wenn die Pädagogen unempathisch sind und es permanent zum kleinkrieg im Kollegium kommt, dann leidet die arbeit und vor allem die kinder.
    Ein guter Anhaltspunkt ist die personalfluktuation und der eigene Instinkt. Kommt einem die Stimmung nicht gut vor, ist sie es meistens nicht.
    Ich hatte meine große anfangs in einem kleinen Kindergarten wo alles in den Himmel gelobt wurde… Nachdem die fünfte Erzieherin gegangen ist und einige dinge herauskamen, habe ich meine tochter sofort raus genommen.
    Seitdem geht sie in meine Einrichtung und meine zweite Tochter wird auch bei „mir“ bleiben. In einer anderen Gruppe aber bei meinen Kollegen denen ich vertraue.
    Liebe Grüße
    Roksana

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  4. Ein schöner Beitrag! Ich liebe unseren Kindergarten auch und habe in den letzen 10 Jahren viele schöne Momente dort mit meinen Kinder gehabt. Jetzt ist bereits das dritte Kind dort und fühlt sich sehr wohl. Ich denke es liegt daran, dass er merkt, wie wohl ich mich dort fühle und wie sehr ich unsere Erzieherinnen mag. Was mir allerdings leid tut, ist wie voll die Kita Gruppen gestopft werden. Unsere Erzieherinnen schaffen es nicht mehr mit den Kindern im Winter raus zu gehen. Es sind zu viele kleine, die man anziehen müsste und es geht wahnsinnig viel Zeit drauf. Da geht irgendwas wirklich in die falsche Richtung, denn meiner Meinung nach ist frische Luft sehr wichtig, auch für die Erzieher. Ich hoffe da ändert sich etwas.
    LG
    Natalia

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    • Da hast du Recht! Der Schlüssel ist viel zu schlecht. Vor allem bei den Kleinen. Mit dem offenen Konzept ist das etwas einfacher, weil nur die Kinder mit rausgehen, die Lust haben und kurzfristig mehr Erzieherinnen helfen können. Aber das Problem bleibt natürlich…

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  5. Liebe Katharina, eine treffliche Einschätzung dessen, was Auftrag für Kindergärten sein soll. Und in Eurem Kindergarten wird das auch realisiert. Ein Glücksfall. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Blog oft gelesen wird, weil er nicht nur Situationsanalyse, sondern auch Auftrag zu gleich ist.

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  6. Schön, dass ihr so tolle Erfahrungen macht. Ich bin da auch deiner Meinung, aber es gibt leider auch immer Ausnahmen (wie in allem) wo die Erzieherinnen echt eine Katastrophe sind. Da ist es im Endeffekt egal, was für ein Konzept der Kindergarten fährt, wenn die Erzieherinnen ihren Job nicht richtig machen (können) ist es kein Wunder, wenn Eltern unzufrieden sind.

    Und besonders für die so genannten bildungsfernen Kinder ist der Kindergarten ein Segen, denn dort liest und spielt mit ihnen jemand. (Der Satz ist natürlich überspitzt.)

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  7. Bin ich absolut deiner Meinung!
    Meiner ist nun noch nicht so weit.
    Aber es wird def. ein Kindergartenkind, was durchaus
    nicht schlimm ist!
    Im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass Kinder das genauso brauchen!
    Eine Heimerziehung halte ich für absoluten Mist-entschuldige meine Ausdrucksweise-
    aber diese Mamis bringen mich an den Gipfel. Weil ich überzeugt davon bin, dass
    man niemals all das, was die Kinder im Kindergarten mit nehmen, als Mami daheim schafft!
    In erster Linie den sozialen Aspekt.
    Im Gegenteil ich denken, dass diese Kinder später ordentlich Probleme haben werden.

    Liebe Grüße

    Yvi

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    • Den Vergleich habe ich leider nicht. Jedes Kind ist anders. Und jedes Kind hat nur ein Leben. Entweder mit oder ohne Kindergarten. Aber meinen Kindern jedenfalls tut der Kindergarten gut. Davon bin ich überzeugt. Vielleicht gibt es aber auch Kinder, die sehr sensibel sind und für die der Kindergarten nicht das richtige ist. Könnte sein. Aber das ist meiner Einschätzung nach auch eher die Ausnahme.

      Liebe Grüße und danke für Deinen Kommentar!
      Katharina

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