Working mom: Aussagen, die ich nicht mehr hören kann

Ich bin eine working mom. Mein Sohn geht in die Krippe seitdem er ein Jahr alt ist. Das tut er gerne und wir haben ihn aus Überzeugung angemeldet. Nicht, weil ich glaube, dass Kinder generell mit einem Jahr in die Krippe gehen sollten, sondern weil es sich für uns – für mich, für meinen Sohn und für unsere Familie – richtig angefühlt hat und sich bis heute richtig anfühlt. Es ist einfach so.

Ich will hier keine Argumente mehr austauschen. Ich will an genau dieser Stelle nicht mehr über frühkindliche Förderung oder darüber ob die Mutter das beste für ein Baby ist diskutieren. Wir alle kennen die Argumente. Und mir geht es gar nicht mehr um die reinen Fakten. Mir geht es heute um etwas anderes. Mir geht es heute darum, dass jede Familie selbst wissen muss und auch wissen darf, was das beste für sie ist. Ohne dass Gott und die Welt anfangen muss es zu bewerten.

Wir alle sind verschieden

Es gibt dicke Menschen und dünne. Es gibt solche, die tragen lieber Jeans und andere laufen im Anzug rum. Da gibt es tausende verschiedene Berufe, verschiedene Hobbys und und und. Jeder darf es machen wie er mag. „Wie kannst Du denn Schreiner sein? Werd doch lieber Bäcker!“ kein Mensch sagt sowas zu einem anderen. Warum? Weil jeder selbst wissen muss, was er mit seinem Leben macht. Mit Kindern ist es genauso. Sollte es zumindest sein. Jeder sollte es einfach so machen können, wie er mag.

Mich und mein Leben betrifft das oft, weil regelmäßig Menschen darüber entsetzt sind, dass meine Kinder so früh in den Kindergarten gekommen sind. Und dann hab ich vor ein paar Tagen einen Blogeintrag bei Hausmutter gelesen. Darin geht es darum, wie oft sich Hausfrauen für ihre Entscheidung nicht arbeiten zu gehen, rechtfertigen müssen. Das ist doch eigentlich absurd. Wir müssen uns beide rechtfertigen. Das finde ich ehrlich gesagt ungeheuerlich. Um für das Thema zu sensibilisieren, will ich daher die Dinge auflisten, die ich als „Working Mom“ nicht mehr hören kann.

Was ich als Working Mom in Bezug auf die Kinder gesagt bekomme:

  1. „Muss das denn sein, dass der Kleine schon so früh in die Krippe geht.“ Nein, es muss nicht, aber es kann. Er fühlt sich wohl dort, hat seine Kumpels (ja! Auch schon mit anderthalb!) und freut sich wie verrückt, wenn ich wiederkomme.
  2. „Dein Mann verdient doch gut“. What?! Was ist denn das bitte für eine bescheuerte Aussage? Ich arbeite, weil ich arbeiten möchte, weil es mir Spaß macht, weil ich den Anschluss nicht verpassen will, weil ich gut qualifiziert bin, weil ich auch meinen Anteil zum Familieneinkommen beisteuern will und überhaupt: Weil wir eben beide arbeiten.
  3. „Du könntest Dir doch auch noch ein bisschen Zeit zu Hause gönnen.“ Das ist nett gemeint, aber mit meinem Sohn zu Hause zu sein ist anstrengender und für mich auch undankbarer als zu arbeiten. Ich finde das toll, wenn jemand Spaß daran hat „nur“ zu Hause zu sein. Ich nicht. Nicht meine Welt. Das heißt nicht, dass ich meine Kinder weniger liebe. Mich füllt die Arbeit zu Hause einfach nicht aus.
  4. „Ich würde ja auch gerne arbeiten gehen, aber….“ Andere Mütter, die von meiner Berufstätigkeit hören, versuchen oft sich dafür zu rechtfertigen, dass sie sich dafür entschieden haben (vorerst) nicht in den Beruf zurückzukehren. Warum? Ich achte Menschen hoch, die aus Überzeugung etwas tun. Auch wenn sich ihr Lebensweg damit von meinem unterscheidet. Ihr müsst Euch dafür nicht verteidigen.
  5. „Ich hätte das damals nicht gekonnt, als die Kinder klein waren“. Stimmt. Kindergarten heute (vor allem unserer in Kasendorf) ist völlig und grundlegend anders, als ich Kindergarten aus meiner Kindheit kenne. Damals wurden Kinder beaufsichtigt, heute ist der Kindergarten ein zweites zu Hause und ein Ort an dem Kinder wachsen.
  6. „Warum bekommt man denn Kinder, wenn man sich dann nicht um sie kümmert?“ Am Anfang hat mich dieser Satz getroffen – heute nicht mehr so sehr. Er impliziert, dass ich als working mom eine schlechtere Mutter bin. Wenn ich da jetzt dagegen argumentieren, werde ich vermutlich denen gegenüber unfair, die sich für das zu Hause-bleib Modell entschieden haben. Und genau das will ich ja nicht. Ich will jeden achten mit dem Modell, das er oder sie für sich und seine Kinder gewählt hat. Nur das: Eine gute Mutter und eine schlechte Mutter unterscheidet sicher nicht der Grad an Fremdbetreuung. Wenn wir uns darauf stürzen, dann lassen wir wirklich relevante Dinge aus den Augen.

Fazit:

Wie wäre es denn, wenn wir die Entscheidungen anderer, wann die Kinder in den Kindergarten gehen und wann sie wieder anfangen zu arbeiten unkommentiert stehen lassen? Zur Kenntnis nehmen, nachfragen, aber nicht gleich annehmen würden, die Mutter hätte nicht das Wohl ihrer Kinder im besonderen Fokus. Das wäre schön. Ich jedenfalls hab mir das so angewöhnt. Nicht so viel darüber nachdenken, was andere besser machen könnten und was für Rabenmütter die anderen sind. Sondern sich um wichtigere Sachen kümmern. Ich zum Beispiel hole jetzt die Kinder vom Kindergarten ab. Und ich freu mich schon riesig.

Warum unsere Kinder von einer arbeitenden Mama profitieren und was sich im Arbeitsleben für Mütter endlich ändern muss.

 

8 Gedanken zu „Working mom: Aussagen, die ich nicht mehr hören kann“

  1. Ich arbeite Teilzeit (als Mann) und meine Frau Vollzeit.

    Was ich als Vater dann gesagt bekomme: „Och die armen Kinder. Sie vermissen ihre Mami bestimmt den ganzen Tag.“

    Ja, genau so ist es….

    Antworten
  2. Danke! Ich bezeichne mich oft als „Alien“, da gerade hier im ländlichen Umfeld eine Mutter, die gerne (und viel 😉 arbeitet entweder die schlechte oder bedauernswerte Mutter ist. Und als mein Sohn in der Schule verhaltensauffällig wurde, lag das nach Meinung vieler an seiner egoistischen Mutter (war dann doch das klassische unterforderte Kind, aber das nur am Rande). Es schmerzt dennoch auch heute noch, denn meine Kinder sind meine erste Priorität und Kind und Karriere schließen sich nicht aus, wenn es für die gesamte Familie passt.

    Antworten
    • Das sehe ich genauso. Jede Familie muss ihren Weg finden. Spannend ist, dass sich auch die Mütter, die zu Hause bleiben, angegriffen fühlen. Vielleicht sollten sich alle mal mehr um sich selbst kümmern, als andere zu verurteilen.

      Antworten
  3. Hi. Ich bin das “andere” Lager 🙂 bzw. arbeite ich von Zuhause aus – und eines geb ich noch drauf: mein Mann auch. DA wird man mit Aussagen konfrontiert… Ich muss da immer lachen, im Grunde sind doch diese “Vorwürfe” – egal welche Seite – nur Neid. Ich denke ja auch nicht ständig an die Leute, die (nicht) arbeiten, weil es mir ja total egal ist.
    Also: immer lächeln und Arschloch denken 🙂 glg Uli

    Antworten
  4. Hallo Katharina,
    ja, in Sachen Kinder meinen viele ihren Senf dazugeben zu dürfen und zu müssen. Meine Jungs sind auch mit einem guten Jahr in die Krippen gegangen. Sie fühlen sich da wohl und ich kann wieder arbeiten gehen. Nicht weil ich das unbedingt muss, sondern weil ich es will.
    Mein liebster Spruch auf deiner Liste, und den durfte ich mir auch schon einige Male anhören ist ja: „Aber die sind doch noch so klein, ich könnte das ja nicht“. Da kommt man sich ja gar nicht vor wie die allerletzte Rabenmutter! Vielen Dank auch..
    LG Silvia

    Antworten

Schreibe einen Kommentar