Der letzte Weg – wie wertvoll Sterbebegleitung ist und ein riesigen Dank an alle aufopfernden Pflegekräfte

Heute geht es mal nicht um Kinder. Zumindest nur am Rande. Es geht ums Wachsen. Ums über sich selbst hinauswachsen in der Sterbebegleitung und um unfassbar viel Unterstützungen. Der Artikel soll dazu dienen, einen Dank auszusprechen, an Ärzte, ans Krankenhaus, an Pflegerinnen und Betreuer und es ist eine echte Wertschätzung für Menschen, die anderen zur Seite stehen und ihnen so das Ende des Lebens würdevoller machen. Und der Artikel soll Menschen Mut machen ihre Lieben auf dem letzten Stück des Weges aktiv zu begleiten.

Wie wir uns den Tod vorstellen

Eines Tages einfach einzuschlafen – so stellen sich Menschen vor zu sterben. Den allerwenigsten gelingt es. In diesem Jahr habe ich das (schmerzlich) erfahren. Ein geliebter Mensch ist gestorben und ihn auf diesem Weg zu begleiten war sehr schwer. Aber auch bereichernd.

Krebs im Alter

An Krebs sterben sehr viele Menschen. Jeder vierte Tote in Deutschland stirbt derzeit an Krebs. Und auch mein Opa. Man kann sagen: 86 ist ein Alter, da kann man schon sterben. Ja, kann man. Aber es geht nicht um das wann, sondern um das wie.

Mein Opa war so fröhlich. Unfassbar gut gelaunt. Irgendwann wäre er einfach nicht mehr da: So hat er es sich vorgestellt. Doch so einfach ist es nicht. Die Diagnose Krebs hat uns und auch ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Dass mein Opa krank sein könnte, das war für mich undenkbar.

Mein Opa war alt und er hatte keine  Angst vor dem Tod. Zumindest nur sowenig, wie man vor etwas Unbekanntem eben keine Angst habe kann. Aber krank sein? Das war in seiner Vorstellung nicht enthalten. Von Anfang an wollte er keine Quälerei, nicht künstlich am Leben gehalten werden. Aber natürlich versucht man es: Den Kampf aufzunehmen. Er war unheimlich stark. Und niemals schlecht gelaunt. Zumindest nicht zu uns. Sein Leben lang, war er ein freundlicher, lustiger Mensch und das hat sich auch in den letzten Monaten nicht geändert.

Stärke

Das ist etwas wofür ich ihn unfassbar bewundere. Und es ist etwas, das ich auch in mein Leben mitnehmen kann. Erhobenen Hauptes Schwierigkeiten gegenüber zu treten. Wenn man ihm davon erzählte, dass er bald zu seiner Frau in den Himmel kommen würde und wie der Pfarrer von seinem Weg zu Gott sprach, da hat mein Opa mir zugeflüstert: „Wir sind doch alle nur Würmer! Wir Menschen sollten uns alle nicht so wichtig nehmen! Wir sterben, wir werden zu Erde und daraus wird Neues Leben. Aus.“

Manch einer findet die Vorstellung wichtig, dass es nach dem Tod weitergeht. Ich jetzt nicht mehr. Ich mag den Gedanken meines Opas: Wir sind Teil eines großen Ganzen. Die Welt dreht sich weiter – auch wenn wir tot sind. Nimmt das nicht wahnsinnig viel Verantwortung von unseren Schultern? Ich finde schon.

Ich mag auch den Gedanken, dass seine Kunst bleibt. Wenn ich bei Menschen zu Besuch komme und da hängt ein Bild oder ein Wandteller meines Opas, dann freu ich mich daran. Denn darin lebt er irgendwie weiter. Ich wünsche mir, dass ich so etwas auch mal erschaffen kann….. etwas das bleibt.

Mein eigenes Wachsen

Was ich durch die Sterbebegleitung gelernt habe, ist für mich unfassbar wertvoll. Und dafür bin ich dankbar. Sterbebegleitung nimmt dem Tod den Schrecken. Sterben gehört zum Leben dazu und wir sollten es annehmen. Menschen sollten sich auf diesem letzten Weg nicht alleine gelassen fühlen, sondern Rückhalt haben. Genauso wie am Anfang des Lebens. Wer die Chance hat, einem geliebten Menschen beizustehen – nicht nur alle paar Wochen ins Altersheim zu gehen, sondern einem Menschen den letzten Weg über die Brücke zu begleiten – dem kann ich nur empfehlen es genau so zu sehen: Nicht nur als Dienst am anderen, sondern auch an sich selbst. Es ist die Teilhabe an einem einzigartigen Prozess. An einem Prozess mit Höhen und Tiefen und mit unbeschreiblichen Erkenntnissen.

Was es leichter macht

Wir haben versucht zu Hause alles gut hinzubekommen mit der Pflege. Aber wir sind einfach keine Profis und die Pflege hat uns emotional und körperlich an unsere Grenzen gebracht. Als mein Opa selbst für die Mauersegler vor seinem Fenster keinen Sinn mehr hatte…. das war der Tag als ich nicht mehr konnte. Und dann hat er mich getröstet. Obwohl es umgekehrt hätte sein müssen.

Mein Opa hat lange Abschied genommen. Und viele Menschen haben ihm dabei geholfen diesen Abschied sehr würdevoll zu gestalten. Ärzte, Krankenschwestern, Diakonie, Pfleger und mehr waren da für ihn. Ich habe unser Pflegesystem von einer ganz neuen Seite kennen gelernt. Vieles läuft falsch. Das wird oft betont. Aber ganz vieles läuft auch unfassbar richtig. Und das liegt vor allem an den vielen Menschen, die diese Berufe mit Leben füllen.

Das Krankenhaus und auch der örtliche Hospizverein haben da Wunder gewirkt. Wir konnten jederzeit alles fragen, wir wussten meinen Opa in guten Händen. Und das war schonmal eine Sorge weniger.

Mein Dank

Und deshalb will ich meinen Text abschließen, mit einem Dank an meinen Opa, der mich in den letzten Monaten seines Lebens so viel gelehrt hat, das ich sonst niemals gelernt hätte. Und mit einem Dank an

  • Die Diakoniestation Thurnau an der Spitze Irmgard Hoffmann
  • Die Ärztinnen und Ärzte im Klinikum Kulmbach – besonders auf der Palliativstation – nicht von allen weiß ich die Namen, stellvertretend will ich Henny und Wladimir nennen.
  • Richard von Schkopp vom Hospizverein, der nicht nur dabei war, als sich die Augen für immer schlossen.
  • Das Hospiz in Bayreuth, zu dem wir es zwar nicht mehr schafften, aber das augenscheinlich hervorragende Arbeit leistet.
  • Und vielen Nachbarn, Freunden, Wegbegleitern, die mit ihren guten Gedanken meinen Opa ein Stück weit am Leben halten.

Wem ich sonst so dankbar bin, das kannst Du hier nachlesen. 

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