Meine Tochter ist ein kleiner Choleriker. Ich glaube nicht, dass das anerzogen ist. Ich glaube vielmehr, dass das angeboren ist. Sie war schon immer so. Sie hat schon als ganz kleines Mädchen Stunden auf den Boden trommelnd verbracht. Wenn sie sich über etwas ärgert, dann muss es raus. Das ist auch heute mit sechs Jahren noch so. Es ist etwas besser geworden, aber noch immer: Bei meinem kleinen Mädchen ist der Ausbruch riesig. Und ich versteh sie so gut. Denn ich erinnere mich als Kind auch noch gut an dieses Gefühl. An diese Welle, die über einen schwappt. An dieses Gefühl, dass der Kopf vor lauter Wut platzen will.
Manchmal hab ich das auch heute noch. Frag meinen Mann, der nennt mich in solchen Situationen irrational, wenn ich plötzlich aufstampfen muss und aus dem Zimmer stürmen, wenn ich merke, dass ich mit Argumenten nicht weiterkomme. Meine Tochter hat dieses Gen jedenfalls geerbt, glaub ich. Wenn sie wütend wird, dann rastet sie aus. Dann wird sie irrational. Und wenn sie sich nicht verstanden fühlt, dann gleich doppelt. So wie neulich.
Was ist passiert?
Ich war krank und meine Mutter kam zum Abendessen um mir ein paar Sachen zu bringen und mir mit den Kindern zu helfen. Ich habe den Kindern gesagt ich würde Nudeln kochen. Während die Kinder also spielten, kochte ich und als meine Mutter kam, deckten wir gemeinsam den Tisch. Als ich dann das Essen bringe, kippt die Stimmung. Florentine hatte mit Spaghetti gerechnet und ich hatte Tortellini gekocht. Beides nachweislich den versprochenen Nudeln zuzuordnen, aber eben doch etwas anderes. Erst hat sie einfach gejammert und sich beschwert. Ich habe sie gebeten, das Essen erst einmal zu probieren. Wenn es ihr nicht schmecke, brächte ich ihr ein Brot. Daraufhin ist sie ausgeflippt.
Ich würde auf das was ihr schmeckt keine Rücksicht nehmen. Ich würde nur kochen, was mir selbst schmecke. Und überhaupt sei ich die schlechteste Mutter der Welt und wenn es die Gelegenheit gäbe, würde sie sich eine neue Mutter suchen. Immer wieder ist sie rausgestapft und kam wieder rein und hat sich vor mir aufgebaut und mich mit hochrotem Kopf und sich überschlagender Stimme angebrüllt.
Meine Mutter und ich hatten recht unterschiedliche Vorstellungen was die richtige Reaktion wäre. Vielleicht magst Du uns auch Deine Meinung verraten.
Was ich gemacht habe: Ich habe ruhig und leise gesprochen und gesagt, dass ich es nicht gut finde, wenn sie in diesem Ton mit mir spricht. Ich habe angeboten, sie könne sich erst einmal beruhigen. Ich habe gesagt, dass ich verstehe, dass sie wütend ist, aber dass wir so nicht miteinander umgehen. Und ich habe aber auch klar gemacht, dass ich kein zweites Essen kochen werde.
Meine Mutter hingegen meinte dem Kind müssten die Grenzen klarer aufgezeigt werden. Deutlich gemacht werden, dass es so nicht geht. De facto hätte ich sie aus dem Zimmer schicken oder sonstwie weniger verständnisvoll reagieren sollen. Sie deutlich in die Schranken weisen.
Und was sagt der Papa? Der war in dieser Situation nicht dabei, aber generell hätte er vermutlich strenger reagiert und weniger verständnisvoll. Gleichzeitig sagt er aber auch: Ich soll mir nicht so einen Kopf machen. Die Kinder halten das schon mal aus, dass man nicht alles richtig macht. Ob er damit nun seinen Einfluss oder meinen meint, lässt er diplomatisch offen. 😉
Die Kernfrage also: Darf man es sich bieten lassen, dass ein Kind so mit einem spricht? Muss man dafür Verständnis haben?
Übrigens war nach rund einer Stunde alles wieder gut. Florentine hat sich (freiwillig!) entschuldigt und sich wahnsinnig geschämt. Ich glaube sie war auch deshalb so beschämt, weil ich mich nicht provozieren hab lassen. Ich versuche mit einer deeskalierenden Haltung Konfliktvorbild zu sein. Mein Gefühl sagt mir, dass das richtig ist. Was meinst Du?
Und übrigens: Das Mädchen auf dem Foto ist nicht meine Tochter, sondern ein Model, das nur so tut als sei es wütend. Kinder während einem Wutanfall zu fotografieren fände ich schon ziemlich fies.
Vielleicht kauf ich mir noch dieses Buch: Es ist ganz neu – Nora Imlau hat es geschrieben. Ich mag ihre Ansätze – ruhig und gelassen.
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Ich bin zur Zeit auch jeden Tag ne „doofe Mama“. Wenn ich Junior was verbiete oder nicht mit ihm spielen kann oder möchte. Immer ist er gleich beleidigt und ich bin die „doofe Mama“. Das ist einerseits nervig, andererseits tut es in der Mamaseele auch ein bisschen weh. Da heißt es aushalten und verstehen.
LG Anke
Ohja, ich durfte mir auch schon anhören, wie doof ich doch sei. Aber ganz ehrlich, ich kann nicht oft ruhig so ruhig bleiben wie du. Mittlerweile stapft sie aber eh direkt in ihr Zimmer, wenn sie so wütend ist und dort kann sie sich in Ruhe abreagieren.