Working moms: Das Ende der fairen Bezahlung

Bevor ich Mutter wurde dachte ich, ich wäre gleichberechtigt. Frauen und Männer hätten bei uns in Deutschland die gleichen Rechte. Frauen könnten alles erreichen. Bis dahin hatte ich zumindest diese Erfahrung gemacht. Mich hat noch nie jemand wegen meines Geschlechts benachteiligt. Wenn ich etwas tun wollte, habe ich es getan. Ich bin getrampt, ich bin mit dem Rucksack durch Australien gereist, ich habe Entscheidungen getroffen und ich habe mich behauptet. Ich habe geheiratet, studiert, gearbeitet und ich war immer eigenständig. Doch eines Tages wurde mir klar, dass ich eben doch nicht mehr gleich viel wert bin als männliche Kollegen. Dass meine Meinung doch weniger zählt und dass man mich abgeschrieben hat.

Es war der Tag, an dem ich meine Tochter zur Welt brachte. Es hätte ein wunderbarer Tag werden sollen. Doch dieser Tag änderte auch mein Leben. Sobald mein Kind auf der Welt war, sah man mich mit anderen Augen. Für meinen Mann änderte sich derweilen: Nichts.

Mütter verdienen weniger Geld als Frauen ohne Kinder

Das Problem in der unterschiedlichen Bezahlung von Männern und Frauen hat natürlich mit vielem zu tun. Frauen werden schlechter bezahlt als Männer. Doch so richtig geht die Schere im Einkommen erst auseinander, wenn wir Frauen Kinder bekommen haben. Bei den Männern steigen im Durchschnitt die Gehälter zwischen 30 und 43 kontinuierlich an. Das Gehalt der Frauen dagegen stagniert im Durchschnitt nachdem das erste Kind geboren ist. Bei den Männern steigen die Gehälter weiter.

Dr. Christina Boll hat in einem spannenden Vortrag beim Equal Pay Day (2013 – aber immer noch aktuell) gezeigt, dass sich das Gehalt von Frauen, die zeitweise aus dem Beruf aussteigen, um sich um die Kinder zu kümmern, nie wieder erholt. Dr. Christina Boll stellt dabei klar – und das kann ich auch als Erfahrung teilen: Frauen rechnen zwar damit, dass sie während ihrer Elternzeit weniger verdienen, aber sie blenden aus, dass sie die Gehaltserhöhung, die sie ohne Auszeit bekommen hätten, nicht bekommen.

Ein Beispiel:

Nehmen wir eine Frau mit einem Bruttoarbeitslohn von 27.000 Euro pro Jahr, die mit 30 Jahren ein Kind bekommt. Wenn diese Frau nach der Geburt drei Jahre ganz zu Hause bleibt und weitere drei Jahre nur in Teilzeit arbeitet, beträgt ihr Bruttoarbeitslohnverlust insgesamt fast 194.000 Euro. Dabei sind gut 80.000 Euro Lohnverlust während der Auszeit und gut 40.000 Euro Lohnverlust während der Teilzeitarbeit. Das sehen wir alles ein und nehmen es auch hin: Doch jetzt wird´s spannend: 73.000 Euro verliert sie in der weiteren nachfolgenden Erwerbstätigkeit, weil sie einfach auf einem niedrigeren Level eingestiegen ist, als sie erreicht hätte, wenn sie statt der Familienauszeit gearbeitet hätte. Das hat am Ende auch Einfluss auf die Rente.

Nun gibt es ja auch viele Frauen, die schon früher wieder mehr arbeiten. Betrachtet man also eine Frau, die ein Jahr Auszeit und zwei Jahre Teilzeit gewählt hat, so hat diese immer noch einen Verlust von 131.000 Euro zu verkraften. Über die Hälfte davon büßt sie erst nach der Rückkehr in ihren Job ein. Verrückt und erschreckend. Es ist ja nicht so als würden wir während der Elternzeit eine weiße Wand anstarren und uns nicht weiterentwickeln. Den ganzen Vortrag von Dr. Christina Boll kannst Du hier anschauen.

Gleichberechtigung auch zu Hause Fehlanzeige

In Deutschland machen Vollzeit arbeitende Frauen im Durchschnitt 65 Minuten mehr Hausarbeit als Männer. Nicht sehr gleichberechtigt, finde ich. Natürlich ist das irgendwie gewachsen und ich finde es auch ok, wenn jemand die eine oder andere Aufgabe im Haushalt nicht übernehmen will. Jede Familie muss selbst für sich definieren was wie und wann fair ist. Offenbar wird aber zu wenig darüber verhandelt…. Wenn beide gleich viel arbeiten, wieso soll dann der eine dem anderen nachputzen? Da läuft doch was falsch…. Wenn einer nur Teilzeit arbeitet, ist es vielleicht nachvollziehbar, dass er auch mehr im Haushalt macht, aber bei der Erhebung unter Paaren, bei denen beide gleich viel arbeiten? Da ist eine Stunde mehr im Haushalt schon gewichtig…

Bewerbungsgespräche nach der Elternzeit

Da habe ich einiges erlebt. Man fragte mich wie ich denn 30 Stunden schaffen wolle, wie ich denn pünktlich im Büro sein wolle, wenn der Kindergarten doch sicher nicht so früh aufmacht. Und wie es denn wäre mit der weiteren Familienplanung…. es ist unfassbar. Müssten auch die Väter unter den Bewerbern all diese Fragen beantworten, hätte ich damit vermutlich kein Problem. Aber das passiert nicht. Zumindest nicht, dass ich davon schon gehört hätte.

Doch was ist nun das Fazit? Sollen wir lieber keine Kinder kriegen? Quatsch! Am Ende ist es doch jeden Verlust wert. Aber ich finde wir Mütter dürften fordernder sein. Uns bewusst machen, dass wir aktiv sein müssen, um nicht benachteiligt zu werden. Und wir müssen uns klar darüber sein, was uns die Familienauszeit wirklich kostet. Dass diese Kosten auf beide Elternteile umgelegt werden sollten, steht für mich außer Frage. Das kann bedeuten, dass beide gleichermaßen im Job zurücktreten oder auch, dass ein Ausgleich gezahlt wird. Allgemeine Lösungen gibt es aus meiner Sicht nicht, aber die Notwendigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur offenen Klärung: Die sehe ich unbedingt.

1 Gedanke zu „Working moms: Das Ende der fairen Bezahlung“

  1. Ich bin nach 4 Monaten nach der Geburt meines ersten Kleinen direkt wieder arbeiten gegangen. Hatte keine Lust mich von meinem Mann abhängig zu machen. Der ist dann zuhause geblieben und beim nächsten bin ich zuhause geblieben. Finde es wichtig, dass einer Frau beides ermöglicht wird, Karriere und Kinder.

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