Ich sitze da – mit meinem Kaffee in der Hand auf der Terrasse. Selbstfürsorge sagt man da ja. Denn schließlich tragen wir Mütter so viel: Arbeit, Wäsche, Kinder, Verantwortung. Irgendwas oder irgendwen schleppen wir immer mit uns rum. Und davon müssen wir uns erholen, oder? Und dann sitz ich da. Der Haushalt ist gemacht und die Kinder spielen. Mein Job plätschert vor sich hin, ich habe eine wunderbare Familie, ich fühl mich den Umständen ensprechend wohl in meinem Körper. Ich bin zufrieden. Ich hab so viel von alledem worauf ich hingearbeitet habe: ankommen. Und grade steht die Welt für mich still. Und dafür bin ich dankbar. Grade gibt es nichts zum „drauf hinarbeiten“, es gibt nur noch „den Moment genießen“. Das ist schön irgendwie. Und trotzdem fühlt es sich komisch an. Angekommen. Auch wenn es gut sein sollte: Das Gefühl macht mir Angst.
Ich lese und weiß: Mütter brauchen Pausen – Zeit für sich selbst und Selbstfürsorge. Aber in diesem Moment mit meinem Kaffee in der Hand merke ich: Ich brauche keine Entspannung, kein heißes Bad und keinen Babysitter. Kein Wellnesswochenende der Welt kann machen, dass sich etwas verändert. Wenn ich zurückdenke an die Momente in meinem Leben, in denen ich am glücklichsten war, dann sind das nicht die entspannten Momente mit mir selbst, sondern es sind Momente voller Emotion, voller Bestätigung, voller Vorankommen und voller Leben. In wenigen dieser Momente war ich ausgeruht. Ich brauch keine Ruhe. Ich brauch keine Pause. Sondern ich brauche Anerkennung und Abenteuer und neue Ziele. Die können nicht von außen kommen – die muss ich mir selber machen.
Ende der klaren Karte
Uns stetig zu verbessern – das macht uns als Menschen aus. Wir Menschen sind nur wir selbst, wenn wir uns entwickeln. Und das ist gut so. Mit 20 ging es um das richtige Studium, dann ging es darum sich im Job zu verbessern, an sich zu arbeiten, seinen Zielen näher zu kommen. Dann wollten wir uns persönlich entwickeln, unseren Platz in der Gesellschaft finden. Wir haben Kinder bekommen und zu uns selbst gefunden. Nach der Geburt alles daran gesetzt wieder in Form zu kommen und weiter an uns zu arbeiten. Wir sind als Familie zusammengewachsen, haben unser zu Hause eingerichtet und sind angekommen. Bei all diesen Schritten war ich glücklich. Aber ich habe auch funktioniert.
Der Weg war klar. Ich bin einfach immer weitergelaufen. Das hat seine Nachteile, aber es hat unbestritten auch seine Vorteile. Das merk ich grad. Ich wusste immer was zu tun war. Ich habe getan und entschieden, wie es eben notwendig war. Ich bin einen Schritt nach dem anderen gegangen und ich kannte die Richtung. Es gab immer neue Etappen und Phasen und Ziele. Jetzt ist das anders. Grade ist da kein Weg mehr.
Bewegen oder sitzen bleiben?
So sehr ich jahrelang darauf zugearbeitet habe, irgendwann anzukommen: Ich fühle mich dazu noch nicht bereit. Ich will nicht mit meinem Kaffee auf der Terrasse sitzen und denken: Ja, so geht es jetzt noch 40 Jahre weiter. Ich will mit meinem Kaffee auf der Terrasse sitzen und Pläne schmieden und dann voller Tatendrang aufstehen und weiter daran arbeiten meine Pläne in die Tat umzusetzen. Und trotzdem fehlt mir grade die Kraft für neue Pläne. Oder ist es die Motivation, die mir fehlt? Denn schließlich – wenn ich ehrlich zu mir selbst bin – sitzt es sich ja gerade ganz gut.
Ich kann das auch so ein bisschen nachvollziehen. Die Kinder werden selbständiger und größer, man ist jetzt einfach etwas „gesettelt“ und es gibt unerwartete neugewonnene (Frei) Räume und ich frage mich , was ich damit machen möchte. Ich habe es leider noch nicht rausgefunden, aber wie Du bin ich trotz aller Müdigkeit und Anstrengungen der letzten Jahre/des letzten Jahrehntes voller Energie, Neugier und Abenteuerlust. Spannendes Thema. Vielleicht schreibst Du ja irgendwann mal, wie das bei Dir dann weitergegangen ist?
VG Anni